Zukunftsthemen

Megatrend Research: Die Methode der Trend- und Zukunftsforschung

Geschrieben von Zukunftsinstitut | Mar 19, 2024 12:21:21 PM

Angesichts der Komplexität unserer Zeit benötigen Organisationen und Individuen eine belastbare Trend- und Zukunftsforschung, die praktisch anwendbar ist. Das wissenschaftliche, datenbasierte, methodisch fundierte Vorgehen im Megatrend Research  gewährleistet dies und bildet damit das Fundament für den systemischen Umgang mit Komplexität und für systemisches Handeln. Die Ergebnisse aus dem Megatrend Research helfen Menschen und Unternehmen dabei, sich klar für die Zukunft zu positionieren und sie zu gestalten.

Die neue Dimension der Zukunftsforschung

Da Megatrends die Grundlage für die Evolution ganzer Wirtschaftsbereiche bilden und vielfach der Ausgangspunkt weitreichender Strategien in Unternehmen und anderen Organisationen sind, ist es in Zeiten zunehmender Orientierungslosigkeit und Erschöpfung wichtiger denn je, Megatrends permanent nachzuschärfen und immer wieder auf eine neue (Daten-)Basis zu stellen. 

Die Nutzung künstlicher Intelligenz eröffnet der Trend- und Zukunftsforschung dabei bisher ungeahnte Möglichkeiten. Research-Prozesse, für die noch vor kurzem etliche Monate benötigt wurden, können auf wenige Wochen verkürzt werden. Damit gelingt es, die Megatrend-Forschung nicht nur mit umfassenderen Daten belastbarer zu  machen, sondern durch die kürzeren Durchläufe ist auch die Bestimmung der kurzfristigen Auswirkungen der Megatrends genauer denn je. 

Um Erkenntnisse zu generieren benötigt jedes Forschungsdesign zwei Elemente: 

  1. Eine Idee, welche Daten gesammelt werden sollen (Sampling);
  2. eine Logik, wie Erkenntnisse generiert werden sollen (Auswertung). 

Um die Megatrends zu erforschen, muss der Beobachtungsraum weit offen sein. Weshalb wir im Zukunftsinstitut auch von „wide data“ sprechen, wenn wir loslegen und eine der großen Veränderungsbewegungen untersuchen.

Am Anfang stehen die richtigen Daten

Mithilfe einer eigens für den Megatrend Research entwickelten PWLG-Datenmatrix klassifiziert das Research Team des Zukunftsinstituts die richtige Datenerhebung in drei Dimensionen. Die Ebenen basieren zum  einen auf dem ubiquitären Gedanken der Megatrends (Subsysteme der Gesellschaft), zum  anderen auf unterschiedlichen Quellen der  Datenerhebung (Medientypen). Überdies wird in der dritten Ebene der Globalität (kontinentale Strömungen) eruiert. Die Unterteilung erfolgt in Quellen aus Afrika, Asien, Australien, Europa, Nordamerika und Südamerika.

Aufbauend auf der Erhebung der Dokumente erfolgt die Netzwerkanalyse zur Identifikation der wichtigsten Megatrend-Räume für Organisationen (Handlungsfelder). Megatrend-Räume ermöglichen es, langfristige Strömungen der Megatrends zu erkennen. Sie bilden die Richtung ab, ohne im Detail die aktuellen Trendbewegungen zu verorten. Das heißt, Megatrend-Räume wirken über eine Dekade stabil, die kurzfristigen (Sub-)Trends hingegen ändern sich innerhalb der Megatrend-Räume. 

Die Identifikation der Megatrend-Räume ergibt sich durch eine Netzwerkanalyse. Hierbei werden die verschiedenen Subsysteme der Gesellschaft untersucht und die wichtigsten Zukunftsbewegungen abgeleitet. Dieser Schritt ist sehr aufwendig und wird vom Zukunftsinstitut mittels KI-gestützter Analyse-Tools vollzogen. Nicht nur die Datenmenge (Anzahl an Elementen), sondern auch die Dynamik in den Beziehungen der unterschiedlichen Themen führt bei einer rein menschlich durchgeführten Analyse häufig zu falschen Schwerpunktsetzungen. 
Als Ergebnis dieser Netzwerkanalyse lassen sich die wesentlichen Handlungsfelder identifizieren, die in den Daten zum Megatrend stecken. 

Experteninterviews und systemisches Coding 

Da Megatrend-Räume eher langfristige Handlungsfelder für organisationales Handeln sind, müssen darin liegende aktuelle Trends erst  einmal identifiziert werden. Trends sind zu beobachtende gesättigte Entwicklungstendenzen mit einer Wirkzeit von circa drei bis fünf Jahren.

Um diese Trends zu erkennen, werden zunächst Expertinnen und Experten identifiziert. Dazu gibt es klare Anforderungsprofile. Die Auswahl ist anspruchsvoll. Aus den Interviews werden Transkripte erstellt, welche im nächsten Schritt ausgewertet werden. Hierbei ist das systemische Kodieren der entscheidende Schritt, um verdichtete Trends zu identifizieren. Das systemische Coding dient als Grundlage, um Codes in Trendkonzepte zu überführen. 

Diese Trendkonzepte dienen als Grundlage bei der Benennung der Trends. In der Folge verdichten sich einzelne Elemente zu gesättigten Bündeln an Veränderungsbewegungen. Diese Tiefe in den Eigenschaften und Dimensionen ermöglicht es, verlässliche Ableitungen über zukünftige Schwerpunktsetzungen zu treffen.

Narration und Generierung von Trendradaren 

Als Output des systemischen Codings ermöglicht ein ganzheitliches Trendradar die visuelle Darstellung von zusammenhängenden Veränderungsbewegungen. Innerhalb dieses Radars lassen sich auf verschiedenen Achsen die Intensität und das Akute zu Handlungen für Organisationen bestimmen.

Grundlegend für die Erstellung eines Radars ist die Nähe der Trendkonzepte zueinander. Je enger inhaltliche Phänomene verbunden sind, desto stärker ist die Veränderungsbewegung. Nun gilt es, die unterschiedlichen Trendkonzepte narrativ miteinander zu verbinden, um eine zusammengehörige Entwicklungstendenz festzustellen. Dieser narrative Schritt führt zur Festlegung der Trends. Der Akt dieser Trendbenennung  ist ein letzter kritischer Moment, denn die Verdichtung auf ein oder wenige Begriffe führt zum Trendbegriff. Dieser Schritt wird intersubjektiv nachvollziehbar im Team vollzogen. Ziel ist es, einen Begriff zu benennen, der so präzise wie möglich sagt, um was es bei der zu beobachtenden Veränderungstendenz wirklich geht.

Der letzte Schritt ist die mediale Verarbeitung der im Megatrend Research entwickelten Erkenntnisse. Dabei gibt es unterschiedliche Deep Dives, wie etwa die Recherche oder die Entwicklung von Texten. Aber auch die Recherche von Datastorys mittels quantitativer Analysen oder die Verarbeitung zu Infografiken kann Teil der Output-Generierung sein. Der Megatrend Research liefert Erkenntnisse, und die Anwendung dieses Researchs hat ein breites Spektrum.

Wissenschaftlich und systemisch geprüfte Ergebnisse

Der Megatrend Research des Zukunftsinstituts wird final einer Qualitätsprüfung unterzogen, die sich an klar definierten Gütekriterien orientiert. Die Prüfung umfasst sowohl wissenschaftlich-forschungsmethodische als auch systemische Kriterien. So stellt das Zukunftsinstitut sicher, dass die Qualität des Researchs in allen Phasen gewährleistet wird – und unsere Ergebnisse belastbare und anwendbare Erkenntnisse bringen. Denn die Qualität der Erkenntnisse ist für unsere Nutzer elementar, da sie auf dieser Basis wichtige Unternehmensentscheidungen treffen.

Die Gütekriterien des Megatrend Research im Überblick

  • Systemdenken: Das Gütekriterium des Systemdenkens bezieht sich auf die Fähigkeit, ein Forschungsproblem im Kontext eines größeren Systems zu verstehen und zu analysieren. Es betont die Bedeutung von Wechselwirkungen, Feedbackschleifen und emergenten Eigenschaften, um die Komplexität des untersuchten Phänomens zu erfassen. Dieser Ansatz fördert ein umfassendes Verständnis für die Wechselbeziehungen innerhalb des Systems und kann zur Entdeckung von tiefgreifenden Einsichten und Lösungshebeln beitragen.
  • Gegenstandsangemessenheit: Sie beurteilt, inwieweit der Forschungsprozess dem untersuchten Gegenstand oder Phänomen gerecht wird. Und erfordert, dass die gewählten Methoden die spezifischen Eigenschaften und Kontexte des Forschungsgegenstands angemessen erfassen können. Dieses Kriterium ist besonders relevant, um mehrdimensionale oder schwer quantifizierbare Phänomene zu untersuchen. Gegenstandsangemessenheit ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Eignung des Forschungsdesigns.
  • Datentriangulation: Sie bezieht sich auf die Verwendung mehrerer Datenquellen, um ein Forschungsphänomen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Durch die Kombination unterschiedlicher Daten soll die Qualität der Megatrend-Forschung gesteigert werden. Diese Triangulation dient dazu, Schwächen einer einzelnen Datenquelle durch die Stärken einer anderen auszugleichen, und ermöglicht ein umfassenderes Abbild des untersuchten Gegenstandes.
  • Theoretische Sättigung: Das Gütekriterium der theoretischen Sättigung zeigt auf, wann die Datenerhebung beendet werden kann. Sie wird so lange fortgesetzt, bis keine neuen Erkenntnisse mehr generiert werden können. In diesem Stadium liefert eine weitere Analyse keine zusätzlichen Informationen mehr, die zur Entwicklung der zugrunde liegenden Codes und Konzepte beitragen würden. Theoretische Sättigung ist ein Indikator, dass die Forschung tief und umfassend genug stattgefunden hat, um die wesentlichen Aspekte des untersuchten Trends zu erfassen.
  • Konstruktgültigkeit: Sie ist in der qualitativen Forschung ein zentrales Gütekriterium, das die Genauigkeit der Datenauslegung und deren Repräsentation des untersuchten Phänomens beurteilt. Dabei werden nicht nur die identifizierten Themen, Muster und Erkenntnisse berücksichtigt, sondern auch der Kontext des Forschungsgegenstands. Die Konstruktgültigkeit prüft die Übereinstimmung der Forschungsergebnisse mit ähnlichen Konstrukten oder Situationen, die bereits untersucht wurden. Sie zieht Erfahrungen im Kontext des vorliegenden Materials ebenso in Betracht wie etablierte Theorien und Modelle. Durch das Hinzuziehen von repräsentativen Interpretationen und Expertenmeinungen wird die Glaubwürdigkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse weiter gestärkt.
  • Praktische Signifikanz: Dieses Gütekriterium bewertet die Relevanz und Anwendbarkeit von Forschungsergebnissen im praktischen Kontext. Es geht über die statistische Signifikanz hinaus, die lediglich die Wahrscheinlichkeit eines Zufallsergebnisses misst. Die praktische Signifikanz beurteilt, ob die Auswirkungen einer Studie tatsächlich eine bedeutsame Größe erreichen, die im Alltag, in der Politik oder in der Praxis von Bedeutung ist. Dieses Kriterium ist entscheidend, um den tatsächlichen Nutzen und die Relevanz der Forschung für die Gesellschaft oder ein bestimmtes Fachgebiet zu bestimmen.
  • Intersubjektive Nachvollziehbarkeit: Sie bezieht sich darauf, wie gut Forschungsergebnisse von verschiedenen Beobachtern unabhängig voneinander verstanden und nachvollzogen werden können. In anderen Worten: Methoden, Schlussfolgerungen und Interpretationen müssen für andere Expert:innen konsistent und transparent dargestellt werden. Dieses Kriterium ist besonders wichtig für die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Forschungsergebnisse und fördert die kritische Diskussion sowie die Weiterentwicklung des Untersuchungsbereiches.
  • Exaktheit der Anwendung: Sie bezieht sich auf die Genauigkeit und Präzision, mit der Forschungsmethoden und Analyseverfahren angewendet werden. Es geht darum, sicherzustellen, dass der Prozess des Megatrend Research ohne Anwendungsfehler durchgeführt wird. Die Forschungsmethodik, die Datenerhebung und -analyse müssen in einer konsistenten und methodisch korrekten Weise durchgeführt werden. Dieses Kriterium ist entscheidend für die Qualität der Forschung und beeinflusst, wie gut die Ergebnisse hergeleitet werden.