Bioprinting: Der gedruckte Mensch
Kann man Essen, Häuser oder menschliche Organe einfach ausdrucken? Was sich zunächst nach einer Idee aus einem Science-Fiction-Roman anhört, ist schon längst Realität geworden. In den Niederlanden entsteht gerade das sogenannte Canal House, das erste komplett gedruckte Haus, und das Bremerhavener Unternehmen Biozoon experimentiert mit 3D-gedruckten Nahrungsmitteln. Wird die Zukunft so aussehen, dass in den 3D-gedruckten Häusern 3D-gedruckte Menschen wohnen, die 3D-gedrucktes Essen verzehren? Ganz so vielleicht nicht, aber auch in der Medizin hält der Drucker Einzug: Ob Herzklappen, Kiefergelenke, Knorpel- und Knochenelemente, Hautflächen oder sogar ganze Ersatz-Organe sollen künftig auf Knopfdruck entstehen.
Schon heute ist ein 3D-Druck bei Prothesen oft schneller oder billiger. Ende 2013 mussten Patienten im Durchschnitt 20 Wochen auf eine Augenprothese warten, während mit einem 3D-Druck etwa fünf Augenprothesen pro Stunde erzeugt werden können. Die gedruckten Augenprothesen fallen zudem mit etwa 150 Euro deutlich Hörhilfen werden heute bereits zu etwa 90 Prozent maßgefertigte per 3D-Druck erzeugt kostengünstiger aus als konventionell erzeugte Produkte von ca. 3.600 Euro. Ähnliche Zahlen existieren für den Ersatz von Gliedmaßen. Moderne Handprothesen kosten zwischen 4.000 und 35.000 Euro, während das 3D-Modell für weniger als 800 Euro erhältlich ist – wenn auch zugegebenermaßen mit gewissen Einbußen in Bezug auf die Qualität. Bei Hörhilfen wird bereits heute bei etwa 90 Prozent die Otoplastik – also die maßgefertigte Verbindung zwischen Ohr und Hörhilfe – per 3D-Druck erzeugt.
Angebot und Nachfrage
Seit der ersten Nierentransplantation im Jahre 1963 sind in Deutschland insgesamt 116.650 Organe übertragen worden – Tendenz steigend. Heute sind es 11.000 Menschen, die deutschlandweit auf der Warteliste stehen, und die Nachfrage wird auch in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen: Menschen werden immer älter, zugleich macht die Transplantationsmedizin große Fortschritte. Und zu der wachsenden Nachfrage gesellt sich ein schrumpfendes Angebot: Laut der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) ging die Zahl der Organspender im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im ersten Halbjahr 2013 um über 18 Prozent zurück. Entsprechend arbeiten Politik, Industrie und Forschung bereits seit Jahren intensiv daran, Methoden und Verfahren zu verbessern, um Gewebe künstlich herzustellen. Mit 3D-Druckern hergestellte Organe könnten in ferner Zukunft diese Versorgungslücke schließen.
Biodrucker: Wie Organdruck funktioniert
Zurzeit gibt es zwei gängige Methoden bei der künstlichen Herstellung von Gewebe. Zu unterscheiden sind, wie beim Papierdrucker, der 3D-Druck nach Laser-Prinzip und der Druck nach dem Tintenstrahl-Prinzip:
- Laser-Prinzip: Mit Hilfe eines Laserstrahls wird ein Dampfdruck erzeugt, der winzige Tropfen eines mit Zellen angereicherten Gels auf eine Unterlage schleudert. Auf dieser bildet sich so Tropfen für Tropfen das Gewebe.
- Tintenstrahl-Prinzip: Zwei Düsen spritzen abwechselnd Flüssigkeit auf eine Unterlage. Düse eins sprüht einen zähflüssigen und schnell fest werdenden Kunststoff: das sogenannte Hydrogel. Aus Düse zwei kommen lebende Zellen, wie reife Körperzellen oder Vorläuferzellen. Das Gewebe wächst so Stufe für Stufe in die Höhe.
Der gedruckte Mensch
Bei der Erstellung von funktionsfähigen Organen müssen drei Anforderungen erfüllt werden. Erstens brauchen sie ein Gerüst, das eine Form und innere Struktur vorgibt. Zweitens müssen lebende Zellen in das Gerüst implementiert werden (und zwar die richtigen Zellen an die richtigen Stellen). Und drittens muss das künstliche Organ natürlich durchblutet werden. Nur dann lebt es und kann arbeiten.
Doch auch wenn die bisher geschaffenen künstlichen Ausdrucke nicht von echten Organen zu unterscheiden sind, konnte noch keines von ihnen diese Anforderungen erfüllen. Trotz aller Fortschritte sollte man sich dessen bewusst sein, dass sich die Forschung noch in der Anfangsphase befindet. Vom ersten „gedruckten Menschen“ ist man noch weit entfernt. Doch auf dem Bioprinting ruht viel Zukunftshoffnung, denn die Verknüpfung von Digitalität und Biotechnologie erscheint nicht nur Subkulturen wie den „Bodyhackern“, sondern auch seriösen Wissenschaftlern als der nächste logische Schritt.
Forscher gehen davon aus, dass 3D-Biodrucker in etwa zehn bis zwanzig Jahren die Fähigkeit haben werden, ganze Hautzellen und Organe auszudrucken, die auch die Funktionen echter Haut bzw. Organe erfüllen. Sollte Auch Tierversuche könnten dank der neuen Technologie schon bald der Vergangenheit angehören die Entwicklung so weitergehen, dann könnten lebensrettende Organe bei Verbrennungen, Organfehlbildung oder schweren Krankheiten gedruckt und Patienten nicht nur besser therapiert, sondern auch teure Krankenhausaufenthalte erheblich verkürzt werden. Auch Tierversuche könnten dank der neuen Technologie schon bald der Vergangenheit angehören.
Preiswerter, präziser, schneller
Der Einsatz des 3D-Druckers in der Medizin erfordert noch eine umfassende Entwicklungsarbeit, bevor die Ergebnisse so gut sind, dass künstlich geschaffene Organe wie Nieren oder Herzen ohne Komplikationen echte Organe ersetzen können. Doch wenn die 3D-Drucktechnik ausgereift ist, könnte sie nicht nur die medizinische Versorgung revolutionieren, sondern auch die Gesundheitskosten reduzieren und dank passgenauer Organe ein präziseres und schnelleres Arbeiten gewährleisten.
Literatur:
Sascha Karberg: Organe aus dem Drucker, Technology Review, Ausgabe
02/2014
Michael Lange: Manuskript: Ein Herz und eine Lunge, Deutschlandfunk, 02.03.2013
Dylan Lovan: Scientists try 3-D printer to build human heart, AP News (online)
Nadia-Elysse Harris: Be Still, My Bioficial Heart, Newsweek (online), 01.05.2014
John Biggs: Researchers Now Able To 3D Print Working Blood Vessels, Techcrunch (online), 01.07.2014
Neue Technologie mit großem Potential: 3-D-Druck, Medizintechnologie (online), 22.04.2014
Bildrechte: Human Skin cells, Nobeastsofierce / fotolia.com
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