Vision und Mission: Unterschiede und Umgang in Unternehmen
Eine wichtige Frage taucht in der Entwicklung von Unternehmensvisionen immer wieder auf: Was ist der Unterschied zwischen einem Vision Statement und einem Mission Statement? Diese beiden Begriffe werden häufig in einem Zug genannt und noch häufiger miteinander verwechselt. Selbst weltweit bekannte Vision und Mission Statements wie jene von Google, Apple, Coca-Cola oder Starbucks ergeben gemeinsam kein einheitliches Bild davon, was ein Vision Statement ausmacht und was ein Mission Statement.
Manche Vision Statements enthalten Leit- und Glaubensgrundsätze, andere Alleinstellungsmerkmale und wieder andere Ansprüche an Führung und Organisation des Unternehmens. Auf der Suche nach einer allgemeingültigen Arbeitsgrundlage wird man kaum fündig.
Definition von Vision und Mission
Aus der Perspektive des Zukunftsinstituts beginnt eine Vision mit einer Vision: also einem Zukunftsbild. Dieses Zukunftsbild wird beschrieben und als solches zur Orientierungsgrundlage für die Organisationsentwicklung, sozusagen zu einem Kompass.
Deshalb priorisieren wir in Visionsprozessen mit unseren Kunden die Formulierung einer Vision und empfehlen, daraus klare Zielsetzungen abzuleiten. Diese Zielsetzungen werden zur Mission. Damit führen wir eine Reihenfolge und ein klares Verhältnis zwischen den Begriffen „Vision“ und „Mission“ ein.
Dies entspricht auch der Wortgeschichte und Wortbedeutung der beiden Begriffe: Vision und Mission haben lateinische Wurzeln und lassen sich auf Verben zurückführen: „videre“ und „mittere“. „Videre“ bedeutet „sehen“ und „mittere“ bedeutet „senden“ oder „schicken“. Die Vision meint also eine Erscheinung, ein Bild, die Mission spricht von einer Sendung, in weiterem Sinne einem Auftrag. Um Missverständnisse in Visionsprozessen zu vermeiden empfehlen wir daher folgende Definitionen:
- Die Vision ist das Bild einer Zukunft, in dessen Mittelpunkt die Organisation und ihr Angebot stehen.
- Die Mission ist als Auftrag zu verstehen und formuliert die nötigen Zielsetzungen, um die Vision wahr zu machen.
Was sagt eine Vision aus, was eine Mission?
Die Vision beschreibt ein Zielbild, ein Szenario in der Zukunft. Sie muss nicht explizit auf die Zielsetzungen der Organisation eingehen oder diese ausformulieren, denn ein Bild ist in erster Linie eine Form, die Wirklichkeit zu beschreiben. Die Zielsetzungen ergeben sich erst danach und werden zum Auftrag der Organisation, zur Mission.
Die Formulierung der Unternehmensvision ist keinerlei formalen Regeln unterworfen, sie muss nicht in gängiger Wirtschaftssprache gehalten sein, sondern kann durchaus zum Beispiel nach Science-Fiction oder einer Szene in einem Spielfilm klingen. Wichtig ist, dass im Mittelpunkt dieses Szenarios die Organisation und ihr Angebot stehen.
Sobald eine klare Vorstellung der Vision existiert, am besten in einfachen Sätzen formuliert – wir empfehlen höchstens eine A4-Seite lang – beginnt die Umsetzung. Die Absicht, Ihre Vision wahr zu machen, verwandelt sich jetzt in einen Auftrag. Dieser Auftrag ist die Mission. Sie regelt, was hier und jetzt zu tun ist, um das Zielbild zu erreichen. Zu diesem Zweck formuliert sie Leit- und Glaubenssätze. Diese haben die Aufgabe, Ihre Organisation und Ihre Mitarbeiter:innen auf Ihrem Weg zu leiten und sicherzustellen, dass das Zielbild erreicht werden kann. Die Mission ist daher zielgerichtet, in der Formulierung empfehlen wir vier bis acht Sätze: kurz, knackig und klar.
Die Formulierung eines Mission Statements ergibt sich aus der Vision. Je fundierter die Vision, umso klarer die Mission, umso einfacher auch deren Formulierung. Die große Herausforderung besteht aber zunächst in der Entwicklung einer gut begründeten Vision. In unserem Workbook Vision und in Visionsprozessen mit unseren Kunden konzentrieren wir uns auf diesen entscheidenden Schritt. Es ist nicht sinnvoll, beide Schritte miteinander zu verquicken, das führt zu Unklarheiten, wie berühmte Beispiele zeigen. (Anm.: Die Vision und Mission Statements der folgenden Unternehmen wurden im Rahmen des Workbooks Vision im Jahr 2019 analysiert. Für aktuelle Vision und Mission Statements besuchen Sie bitte die Websites der Unternehmen.)
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Vision vs. Mission am Beispiel Google
Das Vision Statement von Google liest sich wie eine verknappte Version seines Mission Statements, streicht aber einen (spektakulären) Kundennutzen hervor. Man kann diesen ohne Weiteres auch als Leitsatz für Mitarbeiter:innen lesen. Googles Vision lautet: „to provide access to the world’s information in one click.“ In Übersetzung: „Wir machen die Informationen der Welt mit nur einem Klick zugänglich.“ Das Mission Statement von Google ist aus unserer Sicht eher dazu geeignet, eine Vision auszudrücken. Es lautet: „Our mission is to organize the world’s information and make it universally accessible and useful.“ Übersetzt: „Unsere Mission ist, die Informationen dieser Welt zu organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar zu machen.“
Im Sinne unserer oben beschriebenen Definitionen müsste dieses Mission Statement ergänzt werden, um klar Bezug auf ein Zukunftsbild zu nehmen, denn das spielt in der Methode des Zukunftsinstitut eine Hauptrolle. In unserer Lesart ist es dann eher ein Vision Statement: „In einer Zukunft (Welt), in der Daten und Informationen zur Grundlage für die globale wirtschaftliche Entwicklung geworden sind (Referenz auf eine sozioökonomische Entwicklung), wollen wir jene Organisation sein, die diese Informationen organisiert und allgemein zugänglich und dienlich macht.“
Vision vs. Mission am Beispiel Amazon
Das Vision Statement von Amazon lautet: „[Amazon’s corporate vision is] to be Earth’s most customer-centric company, where customers can find and discover anything they might want to buy online.“ Wir haben es in der Übersetzung ein wenig ausformuliert und wie auch im Fall von Google um einen Eingangssatz ergänzt, damit ein klarer Bezug zur Zukunft hergestellt wird. Es lautet übersetzt und in unserer Lesart: „In einer Zukunft, in der die Märkte der Erde digital vernetzt sind (Globalisierung, Digitalisierung, E-Commerce als sozioökonomische Entwicklungen), wollen wir die Organisation mit der größten Kundenorientierung sein; bei der unsere Kund:innen alles, was sie sich wünschen, online entdecken, finden und kaufen können.“
Das Mission Statement von Amazon lautet: „We strive to offer our customers the lowest possible prices, the best available selection, and the utmost convenience.“ In Übersetzung: „Wir bemühen uns, unseren Kunden die kleinstmöglichen Preise zu bieten, die beste Auswahl und die größtmögliche Bequemlichkeit.“
Dieses Mission Statement hebt wie viele andere auch den Kundennutzen hervor. Trotzdem kann das Statement als Leitsatz mit drei Zielen gelesen werden: niedrigste Preise, beste Auswahl und größte Bequemlichkeit. Der entscheidende neue Vorteil ergibt sich aus der Möglichkeit, online einzukaufen – daher wohl der Leitsatz „größtmögliche Bequemlichkeit”.
Vision vs. Mission am Beispiel Tesla
Die Statements von Tesla entsprechen zur Gänze unserem methodischen Vorgehen. Einzig der Bezug zu einem Zukunftsszenario ist nicht so klar und ausdrücklich formuliert, wie wir es empfehlen. Laut Teslas Vision Statement besteht die Vision des Unternehmens darin, „to create the most compelling car company of the 21st century by driving the world’s transition to electric vehicles.“ Übersetzt und in unserer Lesart: „In einer Zukunft (im 21. Jahrhundert), in der uns Elektrofahrzeuge bewegen werden (E-Mobilität als sozioökonomische Entwicklung), wollen wir das fesselndste Autounternehmen sein.“ Das Mission Statement von Tesla definiert die Grundlage dafür, dass die Vision wahr gemacht werden kann, und bringt die entscheidende Zielsetzung kurz und klar auf den Punkt: „[Tesla’s corporate mission is] to accelerate the world’s transition to sustainable energy.“ In Übersetzung: „Unsere Mission ist es, den globalen Wandel zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen.“
Unternehmensvisionen sind mehr als Leistungsansprüche
Viele Vision Statements – beispielsweise jene von Nike („To remain the most authentic, connected, and distinctive brand.“) oder Procter & Gamble („Be, and be recognized as, the best consumer products and services company in the world.“) haben mit Zukunftsbildern in unserem Sinne nichts zu tun. Sie drücken Leistungsansprüche oder Ansprüche auf eine Alleinstellung am Markt aus.
Zwar sind diese Leistungsansprüche für Organisationen essenziell und haben auch in unserer Methode einen prominenten Platz. Aber für Organisationen, die ihre Vision zur Organisationsentwicklung nutzen wollen, ist ein Leistungsanspruch allein zu wenig.
Entwickeln Sie die Vision Ihrer Organisation!
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