Trends in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, letztlich in der gesamten zivilisatorischen Entwicklung, repräsentieren Evolutionsprozesse, die alle menschlichen Dimensionen umfassen. Auf bestimmten Ebenen vollzieht sich der Wandel daher schneller und dynamischer, auf anderen langsamer und langfristiger.
Auf der Ebene der Natur finden in langen Abständen Auf- und Abschwünge von Spezies und Ökologien statt. Diese erdgeschichtlichen Prozesse können genauso wie die Evolution Hunderttausende oder Millionen Jahre dauern. Manchmal verlaufen sie auch vergleichsweise abrupt, etwa in Klimawechseln, Virus-Epidemien oder in der Entstehung krankhafter Bakterienstämme bis hin zu multiresistenten Erregern, die sich nicht mehr durch zuvor bewährte Antibiotika bekämpfen lassen.
Auf der Ebene der Zivilisationsformen entsteht Wandel im Zyklus von Jahrhunderten oder Jahrtausenden. Hier geht es um die Produktionsweisen und grundlegende Sozialstrukturen: Menschen lebten Zehntausende von Jahren in Jäger- und Sammlergemeinschaften, bevor vor circa 10.000 Jahren die ersten sesshaften Agrarkulturen entstanden. Vor 200 Jahren begann die industrielle Revolution, die heute die Entwicklungs- und Schwellenländer erreicht und umkrempelt. Die Zivilisationsentwicklung ist immer mehrschichtig und in der Tendenz zyklisch. Es existiert ein zeitliches Auf und Ab von politischen und ökonomischen Strukturen, das sich in den Zyklen von Aufstieg, Zenit, Krise und Renaissance festmachen lässt, wie sie viele Gesellschaftsordnungen durchlaufen.
Die technologischen Grundzyklen wurden beispielsweise vom Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratjew in den 1920er-Jahren erforscht, der Ökonom Joseph Schumpeter machte daraus die Theorie der „kreativen Zerstörung“. Etwa alle 50 Jahre (plus/minus 15 Jahre) bildet sich seit Beginn der industriellen Revolution eine neue Basistechnologie aus, die bestimmte, neu entstehende Knappheiten adressiert und die Produktivität „boostet“. Straßennetz, Automobil und Petrochemie schufen den Nachkriegs-Boom. Ein Jahrhundert zuvor schuf die Eisenbahn eine Wohlstandswelle. Die jüngste große Welle lösten Computer, Internet und intelligente Informationstechnologien aus.
Die Konjunkturzyklen, die das generelle Auf und Ab der Wirtschaft beschreiben, sind in einem (globalen) Grundrhythmus von circa 12 Jahren getaktet. Andere Ökonomen und Konjunkturforscherinnen fanden Zyklen mit einer Länge von 2 bis 4 Jahren. Arun Motianey spricht in seinem Buch „SuperCycles“ außerdem von Großzyklen, die ähnlich den Kondratjew-Zyklen ungefähr ein halbes Jahrhundert dauern.
Produkt- und Modewellen haben einen unberechenbaren Charakter. Sie verlaufen als rekursive Turbulenz. Auf dieser Ebene lassen sich Trends nicht implizit oder empirisch analysieren oder ableiten. Produkt- und Modewellen werden vielmehr von Saison zu Saison „gemacht“: gestalterisch, im Design und/oder gesteuert von Marketing und Medien.
Um zu verstehen, in welchen Dimensionen sich Entwicklungen und Veränderungsprozesse vollziehen, ist es wichtig, die verschiedenen Formen von Trends klar zu trennen. Das Zukunftsinstitut arbeitet daher mit einem hierarchischen System, in dem einzelne Trendarten hinsichtlich ihrer Bedeutung und ihres Wirkungsbereichs kategorisiert werden. Die Unterscheidung der Tragweiten ist wichtig, um mit Trends im Unternehmen richtig arbeiten zu können. Manche Trends wälzen ganze Wirtschaftssysteme um, andere wirbeln gerade mal ein Stäubchen in einer Produktnische auf. Zu diesem Zweck arbeitet das Zukunftsinstitut mit einem Mehrebenenmodell, in dem sich übersichtlich zeigen lässt, welche Trends welche Einflussbereiche haben.
Wie jedes Modell ist auch das Trendwellenmodell eine idealtypische Darstellung. In der Praxis lassen sich die einzelnen Trendkategorien nicht immer trennscharf voneinander unterscheiden. Und auch innerhalb der Trendebenen lassen sich Trends ganz unterschiedlicher Kraft diagnostizieren.
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