Zukunft ist das, was es noch nicht gibt. Daher ist Zukunft nie real, sondern eine Imagination in unserem Kopf. Ein Gedankenkonstrukt, das wir heute, im Hier und Jetzt, erzeugen. Und selbst den einen Augenblick, in dem wir uns jetzt gerade eine Zukunft imaginiert haben, können wir nicht fixieren: Zeit bedeutet Veränderung, und daher ist auch Zukunft – selbst die nächsten Stunden – immer anders, als wir es uns in diesem Moment vorstellen. Zukunft ist immer in Bewegung.
Weil die Zukunft immer eine Fiktion in unserem Kopf bleibt, können wir sie auch nie kennen, de facto bleibt sie für uns immer unbekannt. Wir können die Zukunft nie erreichen und nach unseren Wünschen fixieren. Dennoch sollten wir die Fähigkeit unseres Gehirns zur Vorstellung von Zukünften nicht geringschätzen oder abtun. Im Gegenteil: Wir sollten diese suggestive Kraft wertschätzen, verstehen – und nutzen. Begreifen wir Zukunft also als Möglichkeitsraum! Die einzige Grenze, die wir dabei erfahren, ist unsere eigene Vorstellungskraft.
Mit jeder Idee, die wir selbst von der Zukunft haben, beeinflussen wir unsere eigene Wahrnehmung, unser Denken – und damit ganz essentiell auch unser Handeln. Denn so wie wir Zukunft denken, wie wir eine Haltung zu ihr einnehmen, so handeln wir auch. Damit nehmen wir direkten Einfluss: Wir gestalten mit, wie die Gegenwart sich verändert – und wie die Zukunft wird. Wir tun also gut daran, die Wirkmacht unserer Vorstellungskraft tiefer zu verstehen und kompetent umzugehen mit den Zukunftskonstrukten in unseren Köpfen – um ihre Entstehung bewusster steuern und gestalten zu können.
Von entscheidender Bedeutung sind in diesem Prozess unsere Emotionen, unsere Beobachtung der Welt und unsere berechneten Prognosen. Zusammen steuern sie, wie sich in unseren Köpfen aus einzelnen Ideenfetzen ganze Bildwelten entwickeln: Visionen und Geschichten – Formen, in denen wir unsere inneren Zukunftswelten kommunizieren und damit von Mensch zu Mensch, von Geist zu Geist tragen können. Wir können uns gewissermaßen mit Zukunftsgedanken anstecken. Daraus entstehen kollektive Überzeugungen, geteilte Glaubenssätze – die wiederum ganze Massen zu Handlungen in dieselbe Richtung motivieren können.
Erst ein tiefes Verständnis dieser Zusammenhänge hilft uns, vorhandene Zukunftsmodelle gezielter und bewusster zu bewerten – und neue zu erschaffen. Die Zukunftsmodelle und -bilder, die wir als wünschenswert definieren, können wir dann bewusst verwenden, um unser Handeln zu motivieren und Entscheidungen in diese Richtung zu treffen.
Da sich die Zukunftsmodelle in unseren Köpfen jedoch nie nach der exakten Vorgabe erfüllen werden, ist es gut, sie auch ganz ablegen zu können – und der Zukunft immer wieder offen zu begegnen. Denn auch wenn die Zukunft immer anders sein wird, als wir sie uns heute vorstellen: Indem wir unser eigenes Zukunftsdenken verstehen und schärfen, können wir viel dafür tun, dass jene Zukünfte, die wir für erstrebenswert halten, wahrscheinlicher werden.
Wenn es darum geht, die Zukunft zu gestalten, so tun wir das aus unserem Inneren heraus. Zukunft ist unweigerlich gebunden an uns Menschen – als Individuen oder als Gruppen, als Familien, Organisationen und Gesellschaften –, Zukunft ist immer auch ein geteiltes Projekt, ein soziales Konstrukt. Die zentrale Frage lautet also: Was kann ich mir, was können wir uns vorstellen? Die Baupläne der Zukunft liegen in unserer Vorstellungskraft, die die unbekannte Zukunft ausleuchtet – und die geknüpft ist an unser jetziges Denken und Fühlen. Wir antizipieren, berechnen, bewerten und besprechen die Zukunft notwendigerweise in der Gegenwart – und machen dadurch das Noch-nicht-Existierende greifbar und begreifbar. Es sind daher immer die Ereignisse im Hier und Jetzt, die unsere Zukunft, unsere Vorstellungen von ihr immer wieder aufs Neue ins Wanken bringen. Bei allem Schrecken um die Zukunft offenbart das vor allem eines: Zukunft wird dort gemacht, wo wir sind. In der Gegenwart.
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