Städte waren und bleiben ein Motor für Interessen, Austausch, Innovationen, Hoffnungen und Konflikte. Dabei teilt die zunehmende Urbanisierung die Welt. In den westlichen Ländern schreitet Urbanisierung nur noch langsam voran. Die Herausforderung besteht hier in der Optimierung – dem Update – bestehender Strukturen. In den Schwellen- und Drittweltländern hingegen wachsen Städte rasant zu Multimillionenmetropolen. Ihre infrastrukturelle, ökologische und ökonomische Entwicklung wird zur globalen Zukunftsaufgabe. Auch um den fortschreitenden Klimawandel zu bremsen.
In der ersten Dekade des 21. Die wachsende Verstädterung birgt ein enormes Ungleichgewicht für das globale Gefüge Jahrhunderts lebten erstmalig mehr als 50 Prozent der Menschen in Städten. Und die Prognosen sprechen eine klare Sprache: Städte sind der Lebensraum der Zukunft. 2050, so prognostizieren die Vereinten Nationen, leben fast 70 Prozent der Weltbevölkerung im urbanisierten Lebensraum. Die wachsende Verstädterung birgt ein enormes Ungleichgewicht für das globale Gefüge. Während der Urbanisierungsprozess in den westlichen Ländern weitestgehend abgeschlossen ist – 2012 leben bereits knapp 75 Prozent der Deutschen in Städten –, läuft der Prozess in den BRICS-Staaten, den Schwellen- und Drittweltländern weiterhin „auf Hochtouren“: Wirtschaftliche Entwicklung und Urbanisierung gehen typischerweise Hand in Hand. Dabei entwickelt sich der Faktor „Lebensqualität“ zum globalen Ziel – denn er entscheidet über die politische, ökonomische und soziale Stabilität künftiger Stadtlandschaften. Innovative, nachhaltige Technologien, das veränderte ökologische Verständnis, politische Maßnahmen zur sozialen Integration und neue Mobilitätskonzepte werden auch die Städte in den heutigen Schwellenländern sukzessive zu lebenswerten Orten transformieren.
Eine Stadt ist ein hochkomplexes Gebilde, bestehend aus unterschiedlichen Schichten und Strukturen, die miteinander verwoben sind und sich gegen- seitig bedingen. Sie sind nicht immer sichtbar, bestimmen aber Urbanität, Lebensqualität und Wandlungsfähigkeit einer Stadt und machen sie zu einem Inkubator für den gesellschaftlichen wie technischen Fortschritt. Städte sind die Entwicklungszentren und Testlabore: Hier werden die Sprossen und Triebe der Megatrends sichtbar und Trends gemacht.
1950 waren es weltweit gerade einmal zwei Städte, die sich mit mehr als 10 Millionen Einwohnern brüsten konnten: Tokio und New York City. 2010 gibt es 26 dieser Megastädte. Je nachdem, wie weit oder eng die Definition von Stadtgrenzen und Metropolregion ist, zählt man sogar über 30. Gerade einmal sieben Megastädte befinden sich in Europa und in den USA. Insgesamt nimmt weltweit die Anzahl der Städte mit mehr als einer Million Einwohner zu – derzeit sind es mehr als 300. Ob Asien, Südamerika oder Afrika: Diese Kontinente erleben einen Urbanisierungsprozess im Zeitraffer.
Urbanisierung geht immer auch Hand in Hand mit wirtschaftlichem Wachstum. Während die Verstädterungsrate in China aufgrund der fortgeschrittenen Industrialisierung langsam abflacht, wachsen in Lateinamerika die Städte am schnellsten. Aber auch Afrika zieht nach. Vier Die Zukunft unseres Planeten entscheidet sich zum großen Teil an den Öko-Fähigkeiten der Mega- und Millionenstädte von zehn Menschen leben auf dem schwarzen Kontinent aktuell in Städten. Ab 2035 werden es mehr als die Hälfte sein. Daressalam gehört zu den Städten mit dem schnellsten Wachstum. Bis 2020 wird sich die Zahl der Einwohner von drei auf sechs Millionen verdoppeln. Mit solchen Wachstumsraten würden auch die Städte in der industrialisierten Welt an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen. Für Städte in den Entwicklungsländern stellt dies eine kaum lösbare Herausforderung dar. Jährlich wächst nach Angaben von UN Habitat die Zahl der Slumbewohner um zehn Prozent. Mit dem wirtschaftlichen Wachstum der Städte wächst jedoch überall das Ziel, sich dieser Problematik aktiv anzunehmen und die Situation der Bewohner zu verbessern. Laut UN Habitat schaffte es Ägypten, den Anteil der Slumbewohner um 39 Prozent zu reduzieren. In Kairo wird bereits fast jeder Haushalt mit Strom und Trinkwasser versorgt.
Erneuerbare Energien, alternative Mobilitätskonzepte und ökologisches Bauen eröffnen dabei Investitionsmöglichkeiten. Denn die Zukunft unseres Planeten entscheidet sich zum großen Teil an den Öko-Fähigkeiten der Mega- und Millionenstädte. Dass Umweltschutz nicht nur ein Luxus der industrialisierten Welt ist, zeigt Lagos in Nigeria. Prägten noch bis vor kurzem Müllberge die Straßenränder, schafft es die neu gegründete Behörde für Abfallmanagement, bereits zehn Prozent des städtischen Abfalls zu recyceln und mithilfe einer neuen Anlage täglich aus rund 30 Tonnen Plastikmüll Einkaufstüten und andere Produkte herzustellen. Das bekannte ökonomische Prinzip „Kleinvieh macht auch Mist“, das bereits im Bereich Mikrofinanzierung erfolgreich ist, bestimmt die Strukturen der Megastädte. Die Märkte in den Schmelztiegeln sind kleinteilig und vielzählig – bieten aber Platz für innovative Ansätze und Lösungen, bei relativ kleinen Investitionen.
Mit der zunehmenden Urbanisierung gelangt die Infrastruktur überall an ihre Kapazitätsgrenzen. In London, Brüssel und Warschau, den Städten mit dem größten Verkehrsaufkommen bei der morgendlichen und abendlichen Rush-Hour, kommt es auf fast 40 Prozent der Straßen zu signifikanten Verkehrsbehinderungen. E-Mobility verringert zwar Lärm und Abgasemissionen, löst aber nur bedingt das allgemeine Kapazitätsproblem. Aber das wachsende Verkehrschaos verändert das Mobilitätsverhalten Vertikale Mobilität ist der Schlüssel zur Effizienz einer Stadt jedes Einzelnen. Wer in der Stadt schnell von A nach B kommen will, steigt bereits jetzt zunehmend auf Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel um. Und die junge Generation in den Städten macht es vor: Für diese Generation ist Nutzen statt Besitzen eine weitaus flexiblere Möglichkeit, ihren mobilen Lebensstil zu gestalten.
Die zukunftsfähigen Mobilitätskonzepte werden eine reibungslose Intermodalität ermöglichen: Der Wechsel zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln – ob Bahn, Fahrrad, Car-Sharing, Bus oder E-Bike – wird keine Hemmschwelle mehr darstellen. Diese Veränderung in den Mobilitätsstrukturen steigert die Lebensqualität in den Städten: Straßen werden nicht mehr allein Raum für Räder aller Art, sondern ein Shared Space für jedermann.
Wichtiger Treiber für die neuen Mobilitätsstrategien ist die zunehmende Digitalisierung, die Mobilität dank Apps, GPS und Ubiquitous Computing in den Alltag integriert. Doch nicht nur die horizontale Mobilität ist ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit der Städte. Vertikale Mobilität ist der Schlüssel zur Effizienz einer Stadt. Mobilität innerhalb der Gebäude wird nicht nur Personen befördern, sondern das System „Haus“ steuern. Die Auslastung der vertikalen Mobilität stellt die Berechnungsgrundlage für Strombedarf, Kühlung, Heizung und Wasserverbrauch: Optimal gesteuert, ermöglicht es die ressourceneffiziente Nutzung des gesamtstädtischen Systems.
Urbanisierung, so weit das Auge reicht? Nein. Ein rasantes Wachstum auf der einen Seite bedingt auch eine Schrumpfung auf der anderen Seite. Landflucht ist ein bekanntes Phänomen während Industrialisierungsphasen. Aber auch ehemals blühende Städte wie Detroit und große Gebiete im Osten Deutschlands sind von einer sukzessiven Schrumpfung betroffen. Grund hierfür ist zum einen der demographische Wandel und zum anderem die Veränderung der Arbeits- und Wirtschaftsstruktur. Wo früher Produktionsstandorte waren, sind heute oft nur noch verfallende Fabrikgebäude zu finden. In Deutschland werden für 2060 knapp 10 Millionen weniger Einwohner erwartet.
Gerade Regionen und Städte, die nur wenig Lebensqualität und Entwicklungsmöglichkeiten bieten, müssen mit einem massiven Einwohnerverlust rechnen – im Gegensatz zu den Gebieten, die schon jetzt Magneten der Creative Class sind. Dazu gehören in Deutschland das Rhein-Main-Gebiet mit seinen zahlreichen Forschungseinrichtungen und Hochschulen, aber auch Berlin, München, Köln und Hamburg. Dabei werden die Ränder der Städte zu einer Demarkationslinie unterschiedlicher Milieus. Durch Gentrifizierungsprozesse und den damit verbundenen Anstieg der Lebenskosten in den Zentren können sich nur noch Gutverdiener ein Leben in der Stadtmitte leisten. Die weniger Vermögenden drängt es an die Ränder der Städte und auf das Land. Während in den Städten eine umweltfreundliche Mobilität ohne eigenen Pkw möglich ist, sind gerade die finanziell Benachteiligten von hohen Mobilitätskosten betroffen.
Hier liegen die Herausforderungen: Die Zukunft der westlichen Städte liegt in ihrer Erneuerung von innen heraus, in einer sukzessiven Optimierung der bestehenden Strukturen – dem permanenten Update der Stadt. Die „Hardware“ – Infrastruktur und Gebäudebestand – in den gewachsenen Städten der westlichen Länder besteht bereits. Trotz der Renaissance der Städte ist auf Grund des bereits hohen Urbanisierungsgrades der westlichen Städte das Flächenwachstum künftig gering. Damit steht eine Frage im Vordergrund: Wie weiter bauen?
Die Zeit der großen „One-Idea-fits-all“-Masterpläne, bei denen großflächig ganze Stadtteile aus dem Boden gestampft wurden, ist vorbei. An- und Weiterbau statt Abriss und Neubau bestimmen einen Paradigmenwechsel in der Planungsstrategie, der maßgeblich vom Megatrend Neo-Ökologie beeinflusst ist. Heute entwickeln Stadtplaner und Architekten Pläne für den Umgang mit dem Bestand, statt wie bislang alles Europäischen Städte lernen von hoch verdichteten Strukturen der Megastädte wegzureißen. Ehemalige Hafen- und Fabrikareale werden zu attraktiven Wohnquartieren. Nachverdichtung, das heißt Bauen auf dem Bestand, die Umnutzung von Gebäuden und das Bebauen von Baulücken, wird zur Strategie für eine effiziente Stadt(aus-)nutzung.
Hier lernen die europäischen Städte von hoch verdichteten Strukturen wie Tokio – mit über 36 Millionen Einwohnern die weltweit größte Megastadt. In Japan ist das Konzept der Minihäuser – Häuser, die in den Lücken zwischen anderen Häusern gebaut werden – und Hybridnutzung, wie beispielsweise Wohnaufstockungen auf Flachdächern, z.B. auf Parkhäusern, bereits gang und gäbe. Die unkonventionellen und pragmatischen Lösungen besitzen eine hohe Wohn- und Lebensqualität – wie die zahlreichen Auszeichnungen vieler japanischer Architekten belegen. So kann man in Frankfurts Osten, auf einem Gebiet von nur drei Quadratkilometern, fast 650 bebaubare Grundstücksreste ausmachen. Diese sind manchmal weniger als 40 Quadratmeter groß, viele sind besonders schmal oder äußerst ungünstig verwinkelt. Bei hohen Grundstückspreisen und wenig verfügbarer Baufläche gewinnen diese kleinen Stadtstückchen an Attraktivität für den wachsenden Wohnbedarf in den Zentren der Städte. Hinzukommen die „regulären“ Baulücken, also freie Grundstücke, auf denen ein Bau eines „normalen“ Hauses möglich ist. Diese ungenutzten Potenziale auszunutzen, vor allem in den deutschen Städten, ermöglicht ein „Weiterbauen“ ohne Landverlust im Umland und ist ein wichtiger Baustein im Update der Städte für morgen.
Datenbasiertes Wissen macht Städte berechenbar: Kenntnisse zu Bewegungsströmen, Energieverbrauch, Infrastrukturauslastung und Nutzungsverhalten ermöglichen eine wesentlich bessere Steuerung des Systems Stadt. Das Smart Grid ist eine nahe Zukunftsvision: Die von Häusern produzierte überschüssige Energie wird über das Smart Grid intelligent verteilt. Das Dorf Wildpoldsried im Allgäu, das mehr Energie aus erneuerbaren Energien produziert, als es selbst verbraucht, testet bereits das Stromnetz der Zukunft. Mit der wachsenden Übertragungsgeschwindigkeit kann in Zukunft nicht nur Energie bedarfsgerecht verteilt werden.
Das Internet der Dinge vernetzt die Endgeräte schon in naher Zukunft untereinander. Dabei wird es nicht der berüchtigte Kühlschrank sein, der Lebensmittel online bestellt – auch wenn das durchaus möglich wäre. Vielmehr ermöglicht Ubiquitous Computing die Vision von Smart Homes und Smart Citys: Mithilfe optimaler Steuerungstechnik können Gebäude effizient betrieben und Intermodalität horizontal wie vertikal realisiert werden. Die zunehmende Digitalisierung legt eine weitere, unsichtbare Schicht über die Städte. Vor allem die Entwicklung im Bereich von Augmented Reality bietet hier einen neuen digitalen Layer. Informationen können mitten in der Stadt abgerufen werden. Ob bei der Suche nach einem Parkplatz oder nach nützlichen Fakten zu historischen Gebäuden – das Potenzial scheint vergleichbar unendlich wie das der App-Economy. Mit Augmented Reality wird die Stadt zum begehbaren digitalen Raum. Virtualität und Realität werden auch hier zu einem neuen Gesamtkontinuum verschmelzen.
In den hoch urbanisierten Räumen verändert sich auch das Verständnis von Landschaft. Landschaft ist kein unberührter Naturraum vor den Toren der Städte, sondern wird ein wichtiger Bestandteil mitten in der Stadt, der zu einer hohen Lebensqualität und einem besseren Stadtklima Intelligente Stadtkonzepte und smarte Designs vereinen die Potenziale von Natur und Technik beiträgt. Mit den zukünftigen klimatischen Veränderungen stehen Städte vor neuen Herausforderungen: Beton und Asphalt verwandeln sich im Sommer zu Hitzespeichern, und die zunehmend heftigeren Regenfälle bringen Abwassersysteme an ihre Grenzen. Intelligente Stadtkonzepte und smarte Designs vereinen die Potenziale von Natur und Technik. Grüne Fassaden regulieren die Temperatur in der Stadt und verbessern die Luftqualität. Smarte Materialien und Oberflächen erzeugen Energie. Alte Industrieanlagen und nicht mehr benötigte Infrastrukturen, wie die ehemalige Highline in New York, werden zu grünen Naherholungsräumen. Die steigende Wasserqualität ermöglicht spontanen Badespaß mitten in der Stadt. Kopenhagen, die grüne Hauptstadt Europas 2014, hat durch seine Umweltpolitik und die Verschmelzung von Landschaft und Stadt ein Höchstmaß an Lebensqualität geschaffen – und ist damit als Standort für Unternehmen und die Creative Class äußerst attraktiv.
Um die Relativität von Zahlen aufzuzeigen, geben Städte ein hervorragendes Beispiel ab: Flächenmäßig bedecken sie lediglich zwei Prozent der Erdoberfläche. Dabei verbrauchen sie aber 75 Prozent der weltweit benötigten Energie und produzieren 80 Prozent aller Treibhausgase. Mit neuen technischen Entwicklungen und klimapolitischen Vorgaben wird es möglich sein, den Energieverbrauch der Städte drastisch zu verringern und sie teilweise sogar zu Energieerzeugern zu machen. Gerade Dörfer und Kleinstädte werden in Zukunft einen Teil der benötigten Energie für Großstädte erzeugen. Die Eigentumsverhältnisse beeinflussen diesen Trend: Eigenheimbesitzer sanieren energetisch und verwandeln ihre Häuser zu kleinen Kraftwerken. Steigende Energiekosten sind dabei ein wichtiger Treiber. Windkraft- und Solaranlagen können in der nahen Umgebung installiert werden. Die überschüssige Energie dieser Dörfer wird dann über das Smart Grid in die Städte der Umgebung geleitet.
Der neue Lokalismus gewinnt nicht nur bei der Energiegewinnung an Relevanz. Auch die Lebensmittelproduktion findet teilweise direkt vor der Haustür statt. Schon jetzt zeigt sich: Kaum noch eine Metropole, in der nicht gesät, gejätet und geerntet wird. Auf Flachdächern, Brachen und städtischen Restflächen verwandeln sich städtische Areale in grüne Oasen. Getrieben vom Wunsch nach öko-korrekten Lebensmitteln, gedeihen rund um das Urban Gardening neue Businessmodelle. Noch sind große Urban Farms, die als grüne, hochtechnisierte Hochhäuser in den Städten hell erleuchtet Lebensmittel produzieren, ferne Zukunftsvision. Erste kleine, innovative Initiativen aber machen schon jetzt urbane Agrarwirtschaft sichtbar: Speisepilze gedeihen in den Kellern von Wohnhäusern, und in Containerfarmen werden in einem symbiotischen Nährstoffkreislauf Fische gezüchtet und Gemüse angebaut – mit einem erheblichen Entwicklungspotenzial, das neue Märkte schafft.
Die Städter werden weltweit älter. Das Statistische Bundesamt prognostiziert für Deutschland 2050, dass über 30 Prozent der Gesamtbevölkerung 65 Jahre oder älter sein werden. Dabei ist der demographische Wandel kein europäisches Phänomen. Auch im Power-Staat China stellt die zunehmende Alterung neue Herausforderungen für die Zukunft. Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der über 64-jährigen Chinesen auf 335 Millionen verdreifachen. Eine alternde Stadtbevölkerung verlangt neue Versorgungsstrukturen und Mobilitätskonzepte. Das Universal Design der Mobilitätsgestaltung, also ein Design, das unabhängig von körperlicher und geistiger Konstitution leicht bedien- und benutzbar ist, wird der Schlüssel zu einem urbanen Leben. Mit dem demographischen Wandel in den Städten wachsen auch die Märkte für zahlreiche mobile Dienst-, Versorgungs- und Serviceleistungen. Wer nicht mehr alles alleine kann, aber weitestgehend unabhängig leben möchte, braucht Hilfe – ganz gleich ob beim Einkaufen oder beim Reisen.
Aber auch neue Wohnformen werden sich etablieren. In den USA ist das bereits ein Phänomen im suburbanen Raum. Dort gibt es schon Wohnsiedlungen im Ausmaß von ganzen Dörfern, die 65+ zur Einzugsbedingung machen. In Europa zählt man aber auf das Konzept der Altersmischung. Integrative Wohnhäuser für Jung und Alt sollen auch allein lebenden älteren Menschen Austausch und Kontakt bieten. Auch das urbane Freizeitangebot wird sich vermehrt an den Bedürfnissen der Älteren ausrichten. Das heißt aber mitnichten, dass es nur noch Kurse für Aqua-Gymnastik und Bingo-Abende geben wird. Altern bedeutet längst nicht mehr Ruhestand: Die „neuen“ Alten sind fitter als jede Generation vor ihnen, technisch bewandert und voller Tatendrang. Sie haben noch ausreichend Zeit, das Leben aktiv zu gestalten. Das wird auch das Stadtleben positiv beeinflussen.
In den Städten reift eine Generation von Bürgern, die mit dem Netz auf- gewachsen sind. Teilen, Tauschen und Partizipieren gehören zu ihrem eingefleischten Repertoire. Die zunehmende Vernetzung der digitalen Welt beeinflusst auch die Entwicklungsprozesse der Stadt. Baugruppen, Car-Sharing-Modelle, Urban-Garden-Communitys und Co-Working Spaces stärken die Stadtgemeinschaft. Mit den zunehmend schwindenden Finanzierungsmöglichkeiten der Städte wird der Bürger zu einem aktiven Stadtgestalter: Crowdfunding-Modelle, über die im Netz schon erfolgreich Startups und Kulturprojekte durch die finanzielle Beteiligung der Vielen realisiert werden, übertragen sich auf Mit den zunehmend schwindenden Finanzierungsmöglichkeiten der Städte wird der Bürger zu einem aktiven Stadtgestalter die Entwicklung im städtischen Raum. Projekte werden gemeinsam vorgeschlagen und über die Gemeinschaft realisiert – Stadtplanung bottom-up statt top-down.
Das stellt die Realisierung von Großprojekten vor neue Herausforderungen: Ohne aktive Partizipationsmöglichkeiten der selbstbewussten „Stadt-Konsumenten“ werden diese nicht mehr umzusetzen sein. Dabei wird computergestütztes Interessenmanagement Planern bei der Entscheidungsfindung zur Seite stehen. Entsprechende Software-Programme, wie sie bereits die ETH Zürich testet, können Bedürfnisse in Algorithmen transformieren und in Abhängigkeiten setzen – und so die Wünsche während des Planungsprozesses simulieren und berücksichtigen.
Weltweit werden in Zukunft mehr als drei Viertel der Menschen in Städten leben. In den BRICS-Staaten, den Schwellen- und Drittweltländern steigt die Anzahl der Megastädte mit über fünf Millionen Einwohnern schnell an. Soziales Ungleichgewicht, Verslumung, ungenügende Infrastrukturen stellen diese Länder vor große Herausforderungen, die aber auch ein erhebliches Marktpotenzial bieten.
Während die Urbanisierung global zunimmt, schrumpft die Bevölkerung in Deutschland um knapp zehn Millionen Menschen. Die ländlich geprägten Regionen, besonders der Osten Deutschlands, werden mit einem enormen Bevölkerungsrückgang rechnen müssen. Gewinner sind die heutigen Großstädte und Metropolregionen. Ihre Zentren erleben bereits jetzt eine Renaissance und werden auch weiterhin die Kreative Klasse anziehen.
Lebensqualität wird zum Schlüsselfaktor und Garant für ökonomische, ökologische und soziale Stadt-Stabilität. Neue Umwelttechnologien, energieeffiziente Lösungen und zunehmende Digitalisierung tragen zur qualitativen Verbesserung des Stadtlebens bei.
Städte sind die Staaten von morgen. Immer mehr Menschen leben weltweit in Städten und machen sie zu den mächtigsten Akteuren und wichtigsten Problemlösern einer globalisierten Welt. Doch Städte sind mehr als Orte, Urbanisierung beinhaltet mehr als den Wandel von (Lebens-)Räumen. Durch neue Formen der Vernetzung und Mobilität wird Urbanität vor allem zu einer neuen Lebens- und Denkweise.
Mehr über die einzelnen Subtrends des Megatrends Urbanisierung erfahren Sie im Megatrend Glossar.
Urbanisierung ist eine Folge zunehmender Industrialisierung. Diese Entwick- lung ist in Europa und in den USA nahezu abgeschlossen. Das verdeutlicht die Verstädterungsrate, die sich über den Zuwachs des Anteils der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung bemisst. In Deutschland leben aktuell über 73,8 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten und in den Ballungszentren – 1800 waren es noch ca. 25 Prozent. Mit der zunehmenden Industrialisierung zog es die Menschen in die Städte. Sie verwandelten sich vom mittelalterlichen Handelszentrum zu einem modernen Standort für Produktion und Logistik. Mit dem Wandel von einer Im Wettbewerb um die Creative Class liegen jene Städte vorn, die das höchste Maß an Lebensqualität bieten. Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft erleben die Städte zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Renaissance. Sie bieten vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten für die heutige, hoch individualisierte und voll vernetzte Gesellschaft. Zunehmend lösen sich die Städte so von ihrem alten Image des verdreckten, hektischen und lärmenden Molochs.
Während noch in den 70er Jahren die Vororte und das Leben auf dem Land als Wohnideal galten, verdeutlichen die sukzessiv steigenden Mietpreise in den Zentren die neue Beliebtheit der Städte. Kostete der Quadratmeter Wohnraum in Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden noch 1980 umgerechnet 2,50 Euro, sind es 2012 bereits 8,16 Euro. Das ist ein Anstieg von 180 Prozent. Die Entwicklungen sind in den boomenden Metropolen wie Frankfurt und München ähnlich. Grund dafür ist die schnell steigende Lebensqualität durch umweltfreundliche Technologien und eine smarte Produktion. Zudem locken attraktive Arbeitsplätze, effiziente Mobilitätsstrukturen, vielfältige Freizeit-, Kultur- und Bildungsangebote die Creative Class, die Wissensarbeiter, in die Städte. Gut ausgebildete junge Menschen, Familien und auch immer mehr Silver Surfer wollen in den Städten leben.
Im Wettbewerb um die Creative Class liegen jene Städte vorn, die das höchste Maß an Lebensqualität bieten. Im internationalen Vergleich einer Studie von Mercer befinden sich die Städte Wien, Zürich und Genf auf den ersten drei Plätzen. Und es sind genau jene Städte, deren wirtschaftliche Situation auch gut gestellt ist. Hier wird deutlich: Städte, die im Konkurrenzkampf um Unternehmen und Einwohner eine Rolle spielen wollen, müssen weltoffen sein, über eine gute Verkehrsanbindung verfügen und ein umfangreiches Kultur-, Freizeit- und Naherholungsangebot bieten.
Quelle: Megatrend Dokumentation
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