Die Digitalisierung des Alltags schreitet voran und bringt disruptive Veränderungen mit sich – auch im Hinblick auf die Art und Weise, wie wir heutzutage Reisen und Urlaube planen, buchen und verbringen. Ein Blick auf aktuelle technologische Entwicklungen zeigt, wo Chancen zu verorten sind an denen die Tourismus-Branche anknüpfen kann.
Bis vor kurzem galten Apps als das Maß aller Dinge, um Konsumenten digital zu erreichen und ihnen die Reiseorganisation zu erleichtern. Doch inzwischen macht sich Ernüchterung breit – nicht nur in der Reisebranche. Kunden sind wählerisch und nutzen auf Smartphones und Tablets nur wenige mobile Anwendungen dauerhaft. Neue Apps haben es grundsätzlich schwer, in der Masse von Angeboten in oftmals geringer Qualität überhaupt wahrgenommen und installiert zu werden. So ist eine grundsätzliche Veränderung des Nutzerverhaltens zu beobachten: Die Nutzung von Messengern, dazu gehören insbesondere Social- und Messenger-Apps wie Facebook, Twitter und Whatsapp, steigt stark an. Im Schnitt werden Messenger laut BI Intelligence neun Mal täglich geöffnet, alle anderen Apps zusammen nur zwei Mal. Messenger entwickeln sich immer mehr zu Plattformen, die neben den eigentlichen Chat-Funktionen auch Services von Drittanbietern inklusive Buchungs- und Bezahlfunktionen zur Verfügung stellen. Branchengrößen wie Microsoft und Facebook proklamieren bereits den Beginn des Bot-Zeitalters, in dem Messenger-Dienste die bisherigen Apps ablösen und der Nutzer mit Unternehmen wie mit Freunden über den Messenger kommuniziert.
Auch für die Reisebranche eröffnen sich dadurch ganz neue Möglichkeiten, Kunden einfacher und personalisierter zu erreichen. Ein Bot muss nicht installiert werden, der Kunde ist auch ohne Login wiedererkennbar und kann Ein Bot muss nicht installiert werden, der Kunde ist auch ohne Login wiedererkennbar und kann proaktiv angesprochen werden proaktiv angesprochen werden. Und weil sie gerade auch unterwegs intensiv genutzt werden, eignen sich Messenger und Bots für die Touristik besonders gut. Nicht zuletzt erlauben die bereits verfügbaren cloudbasierten Technologien, solche Systeme kosteneffizient umzusetzen.
Vor diesem Hintergrund sollten sich Unternehmen und Marken in der Tourismus-Branche verstärkt überlegen, ob und inwiefern sie neue Services und Angebote in diesem Umfeld realisieren wollen. Die Geschäftsmodelle reichen dabei von digitalen Reisebegleitern bis zu Instrumenten für Kundendienst, Self-Services und Abverkauf, wie z.B. die in 2016 gestarteten Bots der Fluggesellschaft KLM und des Online-Reisebüros Kayak zeigen.
Chatbots erkennen und verstehen aus den Eingaben des Nutzers seine Intention – und zwar unabhängig von der verwendeten konkreten Formulierung. Möglich macht dies der Durchbruch bei Technologien zum maschinellen Lernen, die auch zu ganz neuen Chancen bei der Bild-, Objekt- und Spracherkennung führen. Sie schaffen dadurch die Voraussetzung für die nächste Evolutionsstufe von Assistenten wie Siri (Apple), Cortana (Microsoft), Alexa (Amazon), Allo (Google) oder Viv (Samsung).
Interessant ist, dass diese Assistenten jetzt auch als eigene Geräte den Weg in unsere Wohnungen finden: Neben dem sehr erfolgreich gestarteten Amazon Echo ist mittlerweile Google Home verfügbar und auch Microsoft hat entsprechende Hardware angekündigt. Diese Systeme erlauben es Drittanbietern, sich mit eigenen Services zu integrieren.
Damit entstehen neben den Messengern weitere Ecosysteme, die einen neuen Zugang zum Kunden ermöglichen – aber umgekehrt auch kontrollieren. Wenn sich Kunden erst einmal daran gewöhnt haben, vom Sofa aus über das irgendwo im Wohnzimmer Schon bald werden Nutzer erwarten, dass auch Flüge oder Reisen so gebucht werden können stehende Echo Device Bestellungen aufzugeben, werden sie nicht mehr im Internet nach alternativen Anbietern suchen. Es ist einfach zu praktisch kurz mit Alexa zu sprechen und den Einkauf damit automatisch bei Amazon zu tätigen. Schon bald werden Nutzer erwarten, dass auch Flüge oder Reisen so gebucht werden können – und wer sich dann als Anbieter nicht in Alexa integriert hat, wird das Nachsehen haben. Die gute Nachricht dabei ist, dass man dafür nicht etwas völlig Neues entwickeln muss – im Kern sind auch diese Systeme Chatbots.
Gerade im Tourismusmarketing kommen inzwischen verstärkt Technologien wie 360° Foto oder Video, Virtual Reality und Augmented Reality zum Einsatz. Diese immersiven Technologien ermöglichen es beispielsweise, den Urlaubsort vor der Buchung zu begehen und zu erleben. Marken und Unternehmen können so Reisedestinationen auf eine völlig neue und besonders wirkungsvolle Weise inszenieren. Hier ergeben sich interessante Chancen für Reisebüros: Sie können unter Nutzung von AR- und VR-Technologien Erlebnisse anbieten, die weder online noch beim Konsumenten zu Hause verfügbar sind. Denn die benötigte Hardware – insbesondere für Virtual Reality – ist weiterhin so teuer, dass sie sich nicht jeder Haushalt leisten kann und will.
Trotz des Hypes um das Internet of Things steckt die milliardenfache Vernetzung tangibler, also greifbarer Dinge des Alltags, weiterhin in den Kinderschuhen. Gründe sind die fehlende Standardisierung sowie diverse Herausforderungen rund um das Thema IT-Sicherheit. Doch auch hier zeichnen sich zahlreiche Einsatzszenarien für die Touristik ab, vor allem im Bereich Prozess- und Serviceoptimierung. Dazu gehören zum Beispiel intelligente Das Internet of Things steckt ungeachtet des Hypes noch immer in den Kinderschuhen Gepäckservices über vernetzte Koffer, digitale Zugangssysteme und Indoor- Navigation. So hat beispielsweise Lufthansa gemeinsam mit Rimowa elektronische Gepäckanhänger in den Koffer integriert, beaconbasierte Ankunftsdienste und Wegführung am Flughafen realisiert sowie neuartige Zugangsverfahren zu ihren Lounges getestet. Auch für das Marketing eröffnen sich neue Möglichkeiten, beispielsweise werden diese Technologien bereits genutzt, um Angebote für Loungezugänge personalisiert und lokationsbasiert auszuspielen.
Von Online-Buchungen, die inzwischen von überall aus möglich sind, über die digitale Nutzung von Daten, die es Touristikunternehmen erlauben, Kunden zu kategorisieren und individuelle Werbebotschaften zu senden bis hin zu virtuellen Erlebniswelten und digitalen Reise-Tools – die Reisebranche befindet sich bereits mitten in der disruptiven Veränderung. Während es noch etwas dauern wird, bis sich immersive und tangible Technologien in der Breite etablieren, rollt der Zug beim Thema Conversational Commerce bereits. Gerade hier lohnt es sich für Unternehmen, jetzt neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um die Möglichkeiten der neuen Technologien voll auszuschöpfen und den Reisenden auf der kompletten Reisekette zu begleiten.
Bildrechte: Lufthansa Bildarchiv, FRA CI/P / Gepäckschalter am Münchner Flughafen