Wollte man den „Beziehungsstatus“ von Ökologie benennen, könnte man nur sagen: Es ist kompliziert. Kein anderer Megatrend löst so heftige Debatten aus wie die Frage um nachhaltiges Konsumieren, Ressourcenschonung und Energieversorgung. Moral und Monetarisierung ringen erbittert um den Planeten, auf dem wir alle zuhause sind. Dabei zeigt sich immer deutlicher: Effizienz ist der Weg zu grünem Wohlstand und wirtschaftlicher Stabilität.
Ökologie ist ein Hexenkessel von Idealisten und Ideologen – und seine Mitte bildet ein scheinbar unlösbarer gordischer Knoten: Wie kann man nachhaltig wirtschaften, dabei Wohlstand sichern oder mehren und zugleich mit der Erde, statt nur auf ihr, leben? In einer global verwobenen Welt ein hochkomplexes Unterfangen; kaum ein Bereich offenbart das Wesen der kommenden menschlichen Zivilisation so klar wie die Ökologie als eine Entwicklung hin zu höherer Komplexität. Der Teufel steckt immer im Detail: Jede Stellschraube, jedes Zahnrad, das bewegt wird, bedingt weitere Verschiebungen und kann unabsehbare Gegenreaktionen auslösen. Über 90 Prozent der Deutschen erachten den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien für wichtig, sehr oder gar außerordentlich wichtig.
Soll aber eine Windkraftanlage in der Nachbarschaft gebaut werden, vergeht kaum irgendwo eine Woche, bis sich Tier- und Naturschützer sowie Landschaftsbewahrer zu Wort melden, sich formieren und gegen den Bau protestieren. Nach der ersten Nachhaltigkeits- und Bio-Euphorie stellen sich bei Unternehmen und Konsumenten Zweifel und Verwirrung ein: Bringt es etwas und wenn ja, wie viel? Klimaschutz und nachhaltiges Handeln ist auch eine Herzenssache – am Ende des Tages dreht Nachhaltigkeit verlangt in Zukunft ein wesentlich besseres Gesamtverständnis des globalen Systems es sich jedoch um Zahlen und Fakten. Welche Chancen und Risiken sich auftun, zeigen Branchen wie die Solarindustrie oder der Automobilbau mit der E-Mobilität: Deutschland ist in vielen Bereichen führend, dennoch sind die Geschäfte keine Selbstläufer. Unterkomplexe Strategien werden in Zukunft weder die Umweltprobleme lösen, noch die Kassen der Firmen füllen. Nachhaltigkeit verlangt in Zukunft mehr als das Bewahren des Status quo, sondern sehr gesunden Pragmatismus und ein wesentlich besseres Gesamtverständnis des globalen Systems.
2012 durfte man 299 Jahre Nachhaltigkeit feiern. So allgegenwärtig und frisch der Begriff scheinen mag, so alt und arriviert ist er. Begonnen hat es mit dem kursächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz. Er erwähnte den Begriff bereits 1713 in seiner „Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht“ – eines der ersten umfassenden Werke zu ganzheitlicher Forstwirtschaft. Auch wenn er in dem 432-seitigen Buch diesen Begriff nur einmal erwähnt, hat man ihn dennoch zum Vater des nachhaltigen Denkens erkoren. Mit Sorge beobachtete er die Entwicklungen im Erzgebirge. Angesichts der Zerstörung der wichtigen Ressource Wald war sich Carlowitz sicher: Schneller Profit zerstört den Wohlstand. Nur wer nachhaltig wirtschaftet, werde dauerhaft Erträge ernten können. „Wird derhalben die größte Kunst/Wissenschaft/Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen/wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen/daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe/weiln es eine unentberliche Sache ist/ohne welche das Land in seinem Esse (im Sinne von Wesen, Dasein; d. Verf.) nicht bleiben mag.“
Fast zweieinhalb Jahrhunderte brauchte es, bis der Begriff wieder ins kollektive Bewusstsein rückte. In der Wirtschaftswunderzeit, in der ein permanentes Wachstum des Wohlstandes fast zu einem „Grundbedürfnis“ wurde, machte man sich keine Gedanken um die Endlichkeit von Ressourcen und Umweltverschmutzung. Mit dem Ende der 60er Jahre wurden Umweltzerstörungen und die damit verbundenen Folgen für viele Menschen deutlich sichtbar. So führte beispielsweise die zunehmende Verschmutzung der Flüsse zum Fischsterben, auch die Aufbereitung von Wasser aus den Gewässern zu Trinkwasser war oft nicht mehr möglich.
Mit der Umbruchseuphorie der 68er formten sich nicht nur politische Gruppierungen, sondern auch erste Vereinigungen von Umweltaktivisten. Auf Druck der frühen Umweltbewegungen rief die Bundesregierung 19712 (in diesem Jahr wurde auch Greenpeace in Vancouver von einer Gruppe aus Friedensaktivisten gegründet) den Sachverständigenrat für Umweltfragen ins Leben, im Jahr darauf folgte die Umweltkonferenz der Länder, und schließlich wurde 1974 das Umweltbundesamt gegründet. Umweltschutz hatte einen politischen Platz in der Gesellschaft bekommen.
Die Umweltschützer waren enorm erfolgreich. Innerhalb der letzten 30 Jahre ist das Thema massiv in die Gesellschaft hineingewachsen. Auch wenn nur fünf Prozent der Deutschen Mitglied in Umweltschutzverbänden sind, machen sich heute doch über 80 Prozent Sorgen um den Zustand der Umwelt. Das Thema Umweltschutz ist in den Köpfen etabliert: 82 Prozent der Europäer trennen Müll, und 70 Prozent versuchen aktiv, umweltschädliche Produkte zu vermeiden.
Dabei ist jeder auf seine Art Umweltschützer. Doch wo viele eine Meinung haben, gibt es auch viel Konflikt und Verwirrung. Denn Sicherheit gibt es kaum: Was wirklich nachhaltig ist, weiß niemand so genau. Standards, gesicherte Sicherheit gibt es kaum: Was wirklich nachhaltig ist, weiß niemand so genau Erkenntnisse und klare Handlungsanweisungen gelten immer nur vorübergehend. In Zukunft wird es daher vor allem darauf ankommen, über die menschliche Voreingenommenheit hinauszukommen – den „Bias“, früher hätte man es „Hybris“ genannt – in ein höherkomplexes Erkenntnissystem zu überführen, das auch tatsächlich zu umsetzbaren Veränderungen führt.
Während sich in der Bevölkerung Umweltschutz als ein wichtiges Thema erweist, nehmen die Investitionen der Bundesregierung in diesem Bereich in Relation ab. Betrug der Anteil der Ausgaben für den Umweltschutz am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland 1997 noch 1,9 Prozent, sind es 2007 1,4 Prozent. Wohingegen in China die staatlichen Investitionen in den Umweltschutz in Relation zum Bruttoinlandsprodukt steigen: 2000 waren es gerade einmal 1,02 Prozent – 2010 ist der Anteil mit 1,33 Prozent im Verhältnis bereits ähnlich hoch wie in Deutschland.6 Staat und Wirtschaft haben erkannt, dass Umweltschutz nicht nur zur Bewahrung des Status quo dient, sondern eine Investition in die Zukunft ist, die jetzt und in Zukunft Gewinne und Arbeitsplätze generiert – und beginnt, sich in Teilen „selbst zu tragen“. So ist die Zahl der Beschäftigten durch die Investitionen in den Umweltschutz in Deutschland von 1,412 Millionen (1998) auf 1,767 (2006) angestiegen.
Auch die Märkte wachsen schnell, Beispiel Windenergiebranche. Nach China und den USA ist Deutschland 2011 an dritter Stelle in der Rangliste weltweit installierter Leistung von Windenergieanlagen. Die frühe Förderung der Umwelttechnologien und Forschung machte deutsche Unternehmen dabei zu führenden Produktherstellern und Dienstleistern, mit einem weltweiten, steigenden Absatz. So wird in 2020 der Weltmarkt für die Umweltindustrien bei 3,1 Milliarden Euro liegen und sich damit in den kommenden acht Jahren verdoppeln.
Dabei erleben die erneuerbaren Energien das schnellste Wachstum: Zwischen 2010 und 2030 wachsen diese voraussichtlich um jährlich 8,2 Prozent. In Deutschland beträgt der Umsatz der erneuerbaren Energien bereits 19,9 Prozent – zehn Jahre zuvor waren es gerade einmal 6,6 Prozent. Das Bewusstsein für den grünen Strom spiegelt sich auch in der Bevölkerung wider: Die Anzahl der Privat- und Gewerbekunden für Ökostrom stieg von 590.000 (2005) auf 3.163.007 (2011). Bayern ist der Spitzenreiter unter den Bundesländern, hier beziehen 24 Prozent der Haushalte Ökostrom. Dicht gefolgt von Baden- Württemberg (22,7 Prozent) und Berlin (22,2 Prozent).
Gerade unvorhersehbare Katastrophen wie Fukushima (ein Paradebeispiel für ein Wild-Card-Ereignis, wie diese unvorhersehbaren weltverändernden Ereignisse in der Zukunftsforschung heißen) wurden für Tausende zum „Kick-off“-Erlebnis. Zwar war man sich auch vorher bewusst, wie wichtig grüne Energie sei. Doch erst mit dem Unglück stieg die Anzahl der wechselbereiten Strombezieher in einer Gerade unvorhersehbare Katastrophen wie Fukushima wurden für Tausende zum „Kick-off“-Erlebnis Stadt wie Dortmund von 35,8 Prozent auf 86,2 Prozent.
Grüne Energie ist auf dem Vormarsch und mittlerweile als Wachstumsmarkt anerkannt. In Deutschland gibt es dazu zudem auch kaum noch Alternativen, hat doch die Bundesregierung mit der Energiewende den Komplettumstieg auf erneuerbare Energien für 2050 anvisiert.
Und nicht nur der Energiemarkt verändert sich elementar hin zu einem grünen Markt. Lebensmittel aus ökologischem Anbau und Produkte aus nachhaltiger Tierhaltung sind ebenso wachstumsstark wie „grüne“ Kleidung und Kosmetika. So stieg der weltweite Umsatz bei Bio-Lebensmitteln von 15,2 Milliarden US-Dollar 1999 auf 59,57 Milliarden US-Dollar im Jahre 2009. Und auch in Deutschland ist Bio auf dem Vormarsch. So stieg die Anzahl der Filialen (Supermärkte und Naturkostfachhandel) mit einem Sortiment von mehr als 95 Prozent Bioprodukten auf 2.350.
Der Energiebedarf der Menschheit hat weltweit maßgeblich die Landschaften geformt. Wo einst ein Bergbach zu Tal plätscherte oder ein Fluss vorbeifloss, ist heute ein Staudamm. Ölfelder verwandeln ganze Landschaftsstriche in „Betreten verboten“-Zonen. Der Braunkohlebergbau zerbaggerte Regionen zu Mondlandschaften, und durch den Abraum des Schwarzkohlebergbaus entstanden Haldenberge in Landschaften, deren höchster Punkt zuvor der Misthaufen des örtlichen Bauern war.
Und in Zukunft? Die nächste Welle der Weltveränderung ist bereits sichtbar: Solaranlagen schimmern im Sonnenlicht, und am Horizont drehen sich die Flügel der Windkraftanlagen. Klar absehbar ist aber auch, dass es trotz aller Energiesparbemühungen und -erfolge nicht gelingen wird, den weltweiten Primärenergiebedarf zu reduzieren. Laut BP Energy Outlook 2030 ist der globale Verbrauch an primärer Energie in den letzten 20 Jahren um 45 Prozent gewachsen und wird in den kommenden 20 Jahren um voraussichtlich erneut 39 Prozent ansteigen.
Zwischen 2010 und 2030 wird sich der globale Energieverbrauch um durchschnittlich 1,7 Prozent pro Jahr erhöhen, wobei der Anstieg ab 2020 langsam abflacht. Dabei sind Nicht- OECD-Länder jene mit dem größten Bedarf. 2030 wird dieser um 68 Prozent höher liegen und macht damit 93 Prozent des globalen Energiewachstums aus. Der Energieverbrauch in den OECD-Ländern wird 2030 lediglich sechs Prozent höher sein als heute – gemessen allerdings von einem hohen Ausgangsniveau. Dort wird der Anstieg durchschnittlich 0,3 Prozent pro Jahr betragen. Und: Ab 2020 wird der Pro-Kopf Energieverbrauch in den OECD- Ländern um jährlich 0,2 Prozent zurückgehen.
Wichtiger aber als der eher marginale Rückgang ist dabei, wie die Energiewende das Verhältnis von Konsumenten und Produzenten verändert: Nicht mehr die großen Konzerne Nicht mehr die großen Konzerne sind die Vorreiter bei der umweltfreundlichen Stromproduktion, sondern der Bürger sind die Vorreiter bei der umweltfreundlichen Stromproduktion, sondern der Bürger. 40 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aus Photovoltaik-, Wind- und Biogasanlagen in Deutschland stammen von Privatpersonen. Weitere elf Prozent produzieren Landwirte, die sich so ein weiteres Standbein sichern. So befinden sich also knapp mehr als 50 Prozent der Erneuerbare-Energien- Produktion in Deutschland in den Händen von Bürgern. Zum Vergleich: Nur 6,5 Prozent der installierten Leistung entfielen auf die vier großen Energieerzeuger E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall.
Der Selbstversorger-Trend beschränkt sich längst nicht mehr nur auf Nahrungsmittel. Das nächste große Thema ist die Energie. Der „kleine Mann“ wird zum wichtigen Wegbereiter der Energiewende. Mit dem Energieeinspeisungsgesetz von 1991 konnte man in Deutschland als Energie produzierender Bürger Gewinne erwirtschaften. In Deutschland, dem Geburtsland der Genossenschaften, verwirklichen mittlerweile überall Bürger-Windparks und Bürger-Solarfelder das Ziel grüner Energie. Waren es 2007 noch 101 eingetragene Energiegenossenschaften, stieg die Zahl bis 2011 auf 586. Die Gewinne dieser Genossenschaften kommen der Gemeinde und in Anteilen den Teilhabern zu.
Dänemark gehört wie Deutschland zu den Vorreitern. 1996 hatten sich bereits 2.000 Windenergie-Genossenschaften im skandinavischen Staat etabliert. Diese Genossenschaftsmodelle der Europäer werden nun zum Vorbild, Nachahmer dieses Prinzips der unabhängigen Energieerzeugung findet man weltweit: Von Nordamerika bis hin zu den Schwellenländern etablieren sich solche kleinen, aber effizienten Strukturen. Denn grüne Energie ist nicht nur ein Luxusgut der industrialisierten, fortschrittlichen Länder. Gerade in den Schwellenländern werden kleine, lokale Projekte positive Auswirkungen auf die dortige Entwicklung haben. Unabhängig von großen Unternehmen können so alle Siedlungen mit Strom versorgt werden.
Im „Ländle“ hat man es schon immer gewusst: wer spart, gewinnt. Effizienz wird eines der wichtigsten Schlagwörter im Megatrend Neo-Ökologie. Während zu Beginn des Jahrhunderts der nachhaltige Konsum ein Treiber für die Märkte war, kommt nun an dessen Stelle das pragmatische, ganzheitliche Denken. Im globalen Gefüge bewährt sich, „was wirklich etwas bringt“.
Denn jeder grüne Trend hat auch eine „dunkel-grüne“ Kehrseite. Die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) wurden mit Versprechen gelockt, dass man getrost konsumieren könne, solange alles gemäß Etikett bio, lokal und nachhaltig ist. Doch das oberflächliche Versprechen der Wirtschaft, jeden auf den „grünen“ Jeder grüne Trend hat auch eine „dunkel-grüne“ Kehrseite Zug aufspringen zu lassen, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als nicht immer so simpel wie gedacht. So hat der lokal angebaute Apfel des Öko-Landwirts in Brandenburg, den man in der Winterzeit kaufen möchte, durch seine hohen Kühl- und Lageraufwendungen einen ebenso großen CO2-Fußabdruck wie der Bio-Apfel aus Neuseeland, der praktisch ohne Lager direkt von der Ernte per Flugzeug nach Deutschland kommt.
Der CO2-Ausstoß durch den Transport ist vergleichsweise niedriger als jener durch die Lagerung. Auch der einst begeistert eingeführte Biosprit erwies sich eher als eine kurzsichtige Entwicklung: Monokulturen voller Energiemais stören die Balance des angrenzenden Ökosystems. Biogasanlagen sind zudem oft mit Massentierhaltung verbunden – und damit sicher nicht im Sinne einer angemessenen Tierhaltung. Der Umweltökonom Michael Bilharz vom Umweltbundesamt hat die Ökobilanz von 24 typischen LOHAS untersucht – und entdeckte eine erschreckende Wahrheit. Zwar trennten sie Müll, kauften saisonale Bioprodukte und waren gut über die ökologischen Prinzipen aufgeklärt, aber ihr aufwendiger Lebensstil, ihre großen Wohnungen, die teuren Reisen und Konsumgewohnheiten machten ihre Bilanz zunichte.
Im Vergleich setzte Bilharz dazu die arme, alleinstehende Rentnerin. Ihre finanzielle Lage erlaubte es zwar nicht, Bio-Lebensmittel zu konsumieren, aber weder konnte sie Möbel und andere schöne Produkte kaufen, noch reiste sie oder besaß ein Auto – zudem lebte sie bescheiden in einer kleinen Wohnung. Sie erwies sich dadurch als die wahre Ökoheldin.
Ein neuer Pragmatismus drängt in den Vordergrund: Es zählt der ganzheitliche 360-Grad-Blick auf Fakten. Aus der guten Absicht des schnellen Handelns wird eine nachhaltige Langzeitstrategie (im Carlowitz’schen Verständnis). Das beeinflusst vor allem die Märkte hinsichtlich Effizienz. Green IT ist ein Beispiel für Effizienz, das sich sowohl ökologisch auszahlt – als auch ökonomisch ein Gewinn ist. Immer mehr Unternehmen rüsten ihre Computer und Rechenzentren um, um Strom zu sparen. Das schon die Umwelt und senkt die Kosten des Unternehmens. Und Letzteres ist der wichtigste Treiber, um in grüne Technologien zu investieren.
Innovative Ideen, die Ressourcen sparen und Energien intelligent organisieren, werden in Zukunft stärker in den Vordergrund rücken. Ökologie bekommt einen neuen Vornamen: Effizient ökologisch heißt künftig, durch Messbarkeit und Technisierung höherkomplexe Systeme zu schaffen, Systemschwächen und übermäßigen Verbrauch zu reduzieren und zugleich weniger Kosten zu produzieren – spezifisch und individuell. Ein attraktives Argument für Produzenten wie Konsumenten gleichermaßen.
Kommunalpolitik ist der Treiber und Stichwortgeber zu einem gesellschaftlichen Mind-Shift: Der Trend „New Local“ wird politisch. Die Bundesregierung fördert Innovationen vor allem hinsichtlich technischer Produktentwicklungen. Gemeinden und Städte hingegen implementieren zunehmend Aspekte von Neo-Ökologie in der Bevölkerung. In Zukunft wird nachhaltiges Handeln und Wirtschaften alltäglich.
Denn ein Blick in die Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2010“ verdeutlicht: Nachhaltiges Handeln ist vor allem ein Thema von formal gut gebildeten Bürgern. Für sozial- und bildungsschwache Milieus sind andere Probleme wichtiger – ihnen fehlen die finanziellen Mittel und das nötige Verständnis für Zusammenhänge. Dabei zeigen sich vor allem beim Thema Ernährung klare Ansatzpunkte, die aus mehrerlei Aspekten künftig höhere Beachtung erfahren werden.
„Bio sollte der Standard sein!“ forderte jüngst der Showkoch Attila Hildmann in einer Talkshow beim SWR. Anstatt allerdings mit wohlfeilen Worten dem Konsumenten die Verantwortung aufzubürden, versuchen zunehmend die Kommunen vor Ort, neue Fakten zu schaffen. Ihr Motto: Eine nachhaltig lebende Gesellschaft sollte keine Nicht-Bio-Lebensmittel zulassen. Jeder sollte sie sich leisten können, und jeder sollte über gesundes Essen aufgeklärt werden. Bio soll nicht mehr nur ein Privileg der Vermögenden sein. Beim Blick auf Programme und Aktionen der Kommunen heißt das dann konkret: Immer mehr Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen erhöhen ihren Anteil an Bio-Lebensmitteln oder stellen sogar ganz darauf um – mit nur geringen Mehrkosten und bei gleichzeitiger Förderung der lokalen Landwirtschaft. Die „BioMetropole Nürnberg“ hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2014 einen 50-prozentigen Bio-Anteil der Lebensmittel in Schulen und Kitas, bei Empfängen des Oberbürgermeisters und bei Wochenmärkten zu garantieren. Das bedeutet auch: Region fördert Region.
Die zahlreichen kleinteiligen Maßnahmen des ressourcenschonenden Handelns beanspruchen zukünftig smarte Strategien. Die dezentrale Energieproduktion treibt den Ausbau des Smart Grids und der Smart Buildings voran. Denn erst eine intelligente Steuerung dezentral produzierter Energien macht nicht nur kleine Gemeinden energie-autark, sondern auch die Städte. Die Erst eine intelligente Steuerung dezentral produzierter Energien macht nicht nur kleine Gemeinden energie-autark, sondern auch die Städte Innovationspotenziale in den Bereichen der Steuerung von Effizienz und Verteilung in Geräten, Netzen und auch beim Speichern sind enorm und bieten genügend Raum für Ideen, Strategien und Produkte. Dabei wird zudem Selfmetering, also das Messen des eigenen Verbrauchs, jeden Einzelnen anspornen, weniger zu verbrauchen. Denn erst wenn man nachvollziehen kann, welche „Stellschrauben“ man bedienen muss, um sparsam zu handeln, kann man es auch dementsprechend umsetzen. Und: Eine besondere Herausforderung wird die Steuerung nicht nur im nationalen Kontext sondern vor allem im internationalen sein, um Ressourcen klimatisch unterschiedlicher sonnenund windreicher Regionen intelligent zu managen und weltweit effizient zu verknüpfen.
Mit dem Megatrend Neo-Ökologie wird derweil nachhaltiges Planen und Bauen zu einer zentralen Frage in der Architektur, denn die Aufgaben sind umfassend. Eine der größten Zukunftsaufgaben wird der Umgang mit dem Gebäudebestand sein. 80 Prozent der Gesamtenergie wird weltweit von Städten verbraucht. Gebäude werden in Zukunft so konzipiert, dass sie sich den wandelnden Prozessen und zukünftigen technischen Anforderungen anpassen können. Ab dem Jahr 2019 wird das Niedrigenergiegebäude der Standard für behördliche Neubauten in Europa sein.
Die Bundesregierung formuliert das Ziel, dass Häuser bis 2050 klimaneutral werden und eigenständig den weitaus größten Teil der Energie selbst erzeugen, die sie benötigen. Und im besten Falle als Plus-Energiehäuser den überschüssigen Strom in das Netz speisen. Das heißt für den Bestand: Er muss effizienter werden. Knapp 70 Prozent des heutigen Gebäudebestands in Deutschland wurden in den Boomjahren von 1950 bis 1980 errichtet. Und genau diese Gebäude sind wahre Energiefresser und werden zur Bauaufgabe der Zukunft. Dadurch entstehen neue Märkte für sinnvolle Lösungen, die ein „Update“ der Bausubstanz ermöglichen.
Aber auch Neubauten unterliegen einem neuem Planungsparadigma: Anstatt auf perfekt organisierte Monofunktionalität setzt man auf Wandel- und Transformationsfähigkeit. Die Anforderungen an Nutzungen, wie beispielsweise Arbeiten und Wohnen, verändern sich permanent – ebenso wie die technischen Möglichkeiten. Das macht Planung „unplanbar“. Offenheit gegenüber zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten wird für die Architektur ein zentrales Argument, um auf den zukünftigen Wandel reagieren zu können. Das bedingt auch die derzeitige unterkomplexe Betrachtung, wenn es um nachhaltiges Handeln geht. Einen „5-Punkte-Plan“ zum effizienten und ressourcenschonenden Leben gibt es nicht. Neo-Ökologie ist ein andauernder Lernprozess und wurde über lange Jahre viel zu einfach gedacht. Es ist nicht vorauszusehen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf unsere Umwelt und unser Leben haben wird.
Künftige technische Entwicklungen sind ebenso wenig vorherzusehen wie die Ergebnisse von Langzeitbetrachtungen, wie beispielsweise die Auswirkung der Windkraftanlagen auf die Flora und Fauna im Wasser. Das Gleiche gilt für die Erwartungen an den urbanen Raum und den Lebenswandel. Heutige Planungsstrukturen müssen offen und flexibel sein, um auf Veränderungen und (Denk-)Fehler reagieren zu können: weg vom starren Leitbild und hin zu Szenarien mit resilienten, verhandelbaren – und nicht zementierten – Meilensteinen.
Der mobile Lebensstil beeinflusst diese Entwicklung maßgeblich. Je kleiner und vielzähliger derzeit die Endgeräte werden, desto abhängiger werden wir von der Steckdose des Energieerzeugers. In Zukunft wird sich das aber ändern, denn Energieproduktion wird kleinteilig: „Self made Energy“- Lösungen unterstützen Mobilität und den individuellen Lebensstil für eine nachhaltige, unabhängige Zukunft. Bereits bekannt ist die Energiegewinnung durch den photoelektrischen Effekt. Der erste Taschenrechner und die erste Armbanduhr mit Solarzellen waren der ganz große Hit – und sind nun Alltag. Physikalisch und chemisch nicht neu, aber nun, dank Nano-Technik und Bio- Design, umsetzbar sind thermoelektrische und piezoelektrische Effekte. Letzteres wandelt mechanischen Druck in elektrische Spannung um. So können schon Diskotheken durch einen entsprechenden Tanzboden ihre benötigte Energie selber erzeugen – vorausgesetzt, es wird genug getanzt. Bodenbeläge können in Zukunft Strom für die E-Autos produzieren.
Kleidung, die dank des thermoelektrischen Effekts, also aus Temperaturdifferenzen, elektrischen Strom erzeugt, um das Handy beim Gehen aufzuladen, ist keine allzu ferne Vision mehr. Aber auch Algen als ressourcenschonende Alternative, In Zukunft gibt es nichts, was nicht auch Energie liefern kann – fast beiläufig die ohne Seltene Erden auskommt, finden zunehmend mehr Anwendungsmöglichkeiten, etwa als Bio-Reaktoren an der Hausfassade. In Zukunft gibt es nichts, was nicht auch Energie liefern kann – fast beiläufig. Dabei ergeben diese zahlreichen unterschiedlichen Lösungen einen wachsenden Anteil am Energiemix der kommenden Jahre. Dezentralisierung und Unabhängigkeit sind hierbei von enormer Relevanz.
Weltweit schrumpfen die Rohstoffbestände in natürlichen Lagerstätten. Gleichzeitig wächst durch den Konsum der Primärressourcen der Bestand sogenannter Sekundärrohstoffe rasant. Angesichts knapper und teurer werdender Ressourcen werden dicht besiedelte Regionen und Städte zunehmend als riesige „Rohstoffquelle“ erkannt. Müllkippen entpuppen sich als Goldgruben.
Jeder Deutsche wirft pro Jahr im Schnitt über 500 Kilogramm Abfälle in die Mülltonnen.22 Das meiste davon ist Verwertbares. Allein in deutschen Müllbergen ruht Schätzungen zufolge mehr Eisen, als das Land in einem Jahr verbraucht. Durch den steigenden Ressourcenbedarf ist es in Zukunft unumgänglich, die in den Abfällen enthaltenen Rohstoffe wieder in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren. Gerade Zukunftstechnologien bringen zudem meistens einen steigenden Verbrauch seltener Rohstoffe. Allein in einem einzigen Windrad stecken rund acht Tonnen Kupfer, bei den großen Offshore-Anlagen sind es bis zu 30 Tonnen. Für den Bau eines Elektrofahrzeugs werden etwa 100 Kilogramm Kupfer benötigt, rund doppelt so viel wie für einen herkömmlichen Mittelklassewagen.
Urban Mining, also das Gewinnen von Sekundärressourcen, wird künftig die Abhängigkeit von den Reserven in Primärlagerstätten, von steigenden Rohstoffpreisen und Importen verringern. Mehr noch: Urban Mining wird die Businesslogik deutlich verändern. Denn Abfälle sind künftig nicht mehr Endprodukte des ökonomischen Stoffwechsels. Sie werden Teil neuer Wirtschaftskreisläufe und verlängerter Wertschöpfungsketten. Produkte werden am Ende ihrer Verwendung nicht als Abfall, sondern als Rohstofflieferanten wahrgenommen.
„Produkt-zu-Produkt“ lautet eines der zukunftsweisendsten Konzepte für eine höhere Ressourceneffizienz, das sich immer weiter etabliert. Inspiriert durch das Vorbild der Natur, in der es keine Probleme mit „Abfall“ gibt, steht dahinter die Absicht, hochprofitable Produkte zu entwickeln, deren Bestandteile in biologischen und technischen Kreisläufen zirkulieren können und so gleichzeitig positive Effekte für Umwelt Upcycling läutet als Weiterentwicklung des Recycling eine neue Ära in der Abfallverwertung ein und Gesundheit haben. Upcycling läutet als Weiterentwicklung des Recycling eine neue Ära in der Abfallverwertung ein: Mit dem Ziel der Müllreduktion wird Abfall als Material zur Schaffung neuer nützlicher Produkte verwendet. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland Bau- und Abbruchabfälle den mit Abstand größten Teil, nämlich gut die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens ausmachen, werden Kreislaufkonzepte auch für die Planung von Bauvorhaben zunehmend interessant.
Weil Nachhaltigkeit und Ökologie in den kommenden Jahren stärker denn je die Architektur, die Immobilienwirtschaft, den Haus- und Wohnungsbau bestimmen werden, wächst auch die Nachfrage nach Baustoffen aus Upcycling-Material. Diese bereitzustellen wird für Entsorgungsbetriebe in den kommenden Jahren zu einem lukrativen Geschäftsfeld. Letztlich werden sie so zu erfolgreichen Akteuren einer neuen Rohstoffindustrie, die vom Wachstumsmarkt rund um nachhaltige Stoffströme profitiert.
Quelle: Megatrend Dokumentation
Bildcredits: Daniel Funes Fuentes / Unsplash