Das Mobilitätsbudget ist eine zeitgenössische und nachhaltige Alternative zum Pendeln mit dem Auto und dem Dienstwagen. Dabei wird vom Arbeitgeber ein Betrag zur Verfügung gestellt, den Mitarbeitende frei für die Gestaltung ihres Arbeitswegs verwenden können. Das Mobilitätsbudget kann dabei monetär, aber auch als CO₂- oder Kilometerbudget bereitgestellt werden. Innerhalb eines festgelegten Angebots wählen Arbeitnehmer:innen das Verkehrsmittel aus, das zu ihren aktuellen Bedürfnissen passt – je nachdem, was lokal vorhanden ist, was im Mobilitätsangebot enthalten ist und wie die persönlichen Präferenzen sind.
Neben Jobtickets können somit auch Budgets für Sharing-Angebote oder der monatliche Anteil einer BahnCard inkludiert sein. Dadurch können Mitarbeitende verschiedene Verkehrsangebote wie Taxis, Roller oder den ÖPNV flexibel miteinander kombinieren. So kann beispielsweise die Mobilitäts-Flatrate der Stadtwerke Augsburg „swa mobil“ optimal in ein Mobilitätsbudget integriert werden: Die Nutzer:innen können zwischen verschiedenen Pauschalen wählen und damit ÖPNV, Carsharing-Autos sowie Leihräder innerhalb der Stadt flexibel nutzen.
Als einer der ersten deutschen Konzerne führt beispielsweise der Softwarekonzern SAP ab April 2023 ein Mobilitätsbudget als Ersatz zum Dienstwagen ein. Damit können nicht nur Zug, Mietwagen oder E-Roller bezahlt werden, sondern auch die Fahrradreparatur.
Bei der Deutschen Telekom erleichtert eine Mobility-as-a-Service-Plattform durch die Bündelung verschiedener Verkehrsmittel den Umstieg auf öffentliche und geteilte Mobilitätsformen. Statt eines Dienstwagens werden den Angestellten in Form eines Benefit-Budgets vielfältige Alternativen geboten: Sie können selbst entscheiden, ob sie einen E-Firmenwagen oder die BahnCard nutzen oder das Geld in ihr Arbeitszeitkonto einzahlen, um beispielsweise ein Sabbatical zu nehmen. Zudem betreibt die Telekom bereits eine eigene Carsharing-Flotte sowie diverse Mikromobilitätsangebote.
Eine Reihe von Apps und Anbietern wie Bonvoyo – einer smarten Mobilitätsbudget-Lösung der Deutschen Bahn – oder Wegfinder der österreichischen Bahn, Free Now for Business, Mobiko oder Moovster bemühen sich darum, die Verwaltung und Nutzung von Mobilitätsbudgets für Arbeitgeber und Arbeitnehmer komfortabel handhabbar zu machen. Oftmals inklusive CO₂-Reporting.
Nicht nur die schlechte Umweltbilanz macht den klassischen Dienstwagen als unternehmerisches Benefit in einer umweltbewussten Gesellschaft zunehmend unattraktiv. Der Dienstwagen war lange nicht nur ein Mittel zum Zweck, sondern reflektierte die Werte einer individualistischen und erfolgsorientierten Gesellschaft: Er war der vielleicht wichtigste Bestandteil von Vergütungs- und Belohnungssystemen in Unternehmen, der Gang zum Flottenmanager Sinnbild für Erfolg und Ansehen. Mittlerweile stehen jedoch für immer mehr Arbeitnehmer andere Faktoren im Vordergrund: Flexibilität und Unabhängigkeit lauten die zentralen Anforderungen – auch in der Gestaltung ihrer Mobilität.
Der Mobility-Trend Flex Commuting spiegelt genau diese veränderten Bedürfnisse wider. Spätestens mit der Corona-Pandemie hat die 5-Tage-Woche im Büro für viele Beschäftigte ausgedient. Ob Zuhause, im Café oder während der Fahrt im Regionalexpress – etwa die Hälfte aller deutschen Erwerbstätigen hat im Jahr 2022 vollständig oder teilweise im Homeoffice bzw. mobil gearbeitet. Diese Entwicklung könnte sich noch weiter verstärken, denn 9 von 10 Erwerbstätigen (88 Prozent) möchten auch in Zukunft zumindest gelegentlich im Homeoffice arbeiten. Sprich: Die Mitarbeitenden fordern andere Benefits und Lösungen ein, um den Weg ins Büro attraktiv zu gestalten oder den Business-Termin physisch vor Ort wahrzunehmen.
Zudem steht vor dem Hintergrund einer flexiblen und gerechten Mobilität die Subventionspolitik für Dienstwagen in Deutschland stark in der Kritik. Eine Abschaffung des steuerlichen Vorteils für Firmenwagen würde dem Staat rund drei Milliarden Euro zusätzliche Mittel bescheren, so die Volkswirtschaftsprofessorin Veronika Grimm. Damit könnten dann Angebote gefördert werden, die nachhaltig, zukunftsfähig und für alle zugänglich sind – wie zum Beispiel der öffentliche Verkehr.
Wer braucht also noch ein Monats-Abo oder eben einen Dienstwagen, wenn das tägliche Pendeln nicht mehr notwendig ist? Das Auto wird in dieser Welt eher zur Belastung, die frei wählbare Mobilität zum Segen. Flex Commuting beschreibt den Trend, dass Arbeitnehmende selbst entscheiden wollen, welches Verkehrsmittel sie nutzen, um zu ihrem Arbeitsort zu kommen. Zugleich erwarten sie dabei auch die Unterstützung durch ihre Arbeitgeber. Denn der Weg zum Lieblingscafé ist vielleicht zu Fuß oder mit dem E-Roller leichter erreichbar und bei schönem Wetter wird lieber geradelt, anstatt im Stau zu stehen. Und wenn es doch einmal das Auto sein muss, dann könnte statt eines festen Dienstwagens auch ein gemietetes Fahrzeug aus einer Carsharing-Flotte genutzt werden.
Einen Dienstwagen zu besitzen kann damit gerade im urbanen Raum als antiquiert angesehen werden: In Deutschland steht in Gebieten mit einer hohen Bevölkerungsdichte mehr als die Hälfte der Menschen dem Mobilitätsbudget positiv gegenüber, während nur etwa jede dritte Person aus Gebieten mit einer sehr niedrigen Bevölkerungsdichte die Idee befürwortet. Die Wahl alternativer Verkehrsmittel führt dabei auch zu einem gesünderen Leben, denn insbesondere Straßen-, Stadt- und U-Bahn stoßen weniger Schadstoffe aus als ein Pkw. Außerdem fördert der Weg zu Fuß oder auf dem Rad die aktive Bewegung und daher die individuelle Gesundheit.
In Europa gibt mehr als jeder zweite Arbeitnehmende mittlerweile im Durchschnitt an, einen Dienstwagen gegen ein Mobilitätsbudget tauschen zu wollen. So zählen nach einer Studie von Free Now und Kantar Mobilitätsangebote zu den Top 3 Benefits in Unternehmen. Global gesehen wären mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer:innen grundsätzlich bereit, ihren Arbeitsweg mit Mikromobilitätsoptionen zu gestalten.
Insbesondere den jungen und künftigen Arbeitskräften, der sogenannten Gen Z, ist Flexibilität und Freiheit in Bezug auf ihre Mobilität wichtig und das Mobilitätsbudget somit ein attraktives Angebot. Denn freie und flexible Mobilität ist längst nicht mehr gleichzusetzen mit einem eigenen Auto. Stattdessen definieren junge Menschen Flexibilität im Sinne der freien Wahl des Fortbewegungsmittels: Heute mit dem Fahrrad zur Arbeit, morgen mit dem Zug zur Party, übermorgen gerne auch mal mit dem (Elektro-)Auto zum Großeinkauf.
Shared Mobility und On-Demand-Lösungen sind geradezu prädestiniert für junge Menschen und werden sich in Zukunft einer großen Beliebtheit erfreuen. Besonders wichtig für die junge Generation sind neben den eingesparten Stunden im Stau die geringeren Kosten – nicht nur auf privater, sondern auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, wie die Folgen des Klimawandels oder Infrastrukturkosten. Allerdings zeigt sich bislang noch ein Mobilitäts-Gap zwischen den Generationen, nämlich ein deutliches Altersgefälle in der Bevölkerung: Je älter, desto eher wird ein traditionelles Mobilitätsangebot gewählt. Folglich ist es unerlässlich, mit flexiblen Mobilitätsbudgets klare und attraktive Alternativen zu schaffen, um junge Talente anzuwerben und im Unternehmen zu halten, aber auch ältere Mitarbeitenden von den Vorteilen zu überzeugen.
Ab 2024 sind Unternehmen in der EU mit mehr als 250 Mitarbeitenden verpflichtet, alle Emissionen auszuweisen, die durch ihre betriebliche Mobilität in den Verkehr gebracht wurden. Grund dafür ist eine Erweiterung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU, um verlässliche und vergleichbare Informationen zur Nachhaltigkeit von Unternehmen zu erhalten. Dann müssen fast 50.000 statt der bisher 11.000 Unternehmen umfangreich darüber berichten, wie beispielsweise der Klimawandel ihr Unternehmen beeinflusst und welche Auswirkungen ihre unternehmerischen Handlungen auf Mensch und Umwelt haben.
Konkret betrifft es vor allem die Pendlermobilität, Geschäftsreisen oder den firmeneigenen Fuhrpark. Insbesondere bei der Pendlermobilität fehlt es allerdings vielen Unternehmen noch an geeigneten Daten, um die Qualitätsstandards der CSRD zu erfüllen. In diesem Falle, also wenn das Unternehmen keine eigene Datengrundlage hat, werden statistische Durchschnittswerte angenommen, die wiederum von einem hohen Anteil an kraftstoffbetriebenen Einzelfahrzeugen ausgehen. Die daraus entstehenden Kennzahlen äußern sich in einem hohen CO₂-Abgabepreis – das lohnt sich nicht nur aus finanzieller Sicht wenig, sondern macht das Unternehmen auch in einem umkämpften Markt für Fachkräfte unattraktiver.
Betriebliche Mobilität und die Anforderungen von New Work hängen eng miteinander zusammen, denn die neue Arbeitswelt wird deutlich flexibler und mobiler. Viele Mobility-Trends haben daher auch Relevanz für Entscheidungen in Führung, HR und Unternehmensentwicklung.