Zukunftsthemen

Trendbegriffe zur Individualisierung

Geschrieben von Zukunftsinstitut | Dec 13, 2023 12:52:05 PM

A

Achtsamkeit
Achtsamkeit ist der wichtigste Gegentrend zur Erregungskultur und permanenten Reizüberflutung des digitalen Zeitalters. Immer häufiger hinterfragen wir die Art, wie wir mit uns und unserer real-digitalen Umwelt umgehen. Achtsamkeit ist mehr als ein Lifestyle-Thema, sie ist die Wiederentdeckung des Hier und Jetzt und die Kunst, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und die eigenen Werte zu leben.

Alltags-Outsourcing
Steigende Flexibilisierungsanforderungen und eine Vielzahl beruflicher wie privater Verpflichtungen führen zu einem enormen Zuwachs an Komplexität und Zeitknappheit im Alltag der Menschen. Daher werden immer mehr Aufgaben des Alltags an Services und Dienstleister outgesourct, die beispielsweise das Einkaufen, Kochen, Putzen oder Planen privater Events übernehmen.

C, D

Cancel Culture
Als Cancel Culture wird eine übermäßige Verbreitung systematischer Boykotte von Personen oder Organisationen bezeichnet, denen beleidigende oder diskriminierende Aussagen bzw. Handlungen vorgeworfen werden. Diese Abbrech-Kultur kann als Versuch gewertet werden, ein (vermeintliches) Fehlverhalten öffentlich zu ächten.

Diversity
Diversity bedeutet Vielfalt von Menschen, beispielsweise hinsichtlich Alter, Geschlecht, Herkunft, kulturellem Hintergrund, Qualifikationen etc. Angesichts grundlegender Veränderungen in der Arbeits- und Businesswelt gilt die Diversity von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen hinsichtlich Innovationsfähigkeit und Resilienz.

Do it yourself
Gärtnern, Kochen, Backen, Handarbeit – Dinge selbst herzustellen erfährt einen enormen Bedeutungswandel. Der Trend geht hin zu individuell gefertigten Produkten. Etwas mit den eigenen Händen zu erschaffen oder zu reparieren erzeugt positive Gefühle und bildet ein Gegengewicht zur ständigen Kopfarbeit am PC. „Selfmade“ wird zum neuen Statussymbol.

H, I

Hyperpersonalisierung
Während Mass Customization bereits die neue Norm ist, geht der Trend in Richtung Hyperpersonalisierung weiter. Egal ob Produkte, Dienstleistungen, Musik, Entertainment oder Marketing-Inhalte – dank Big Data und immer ausgefeilterer Algorithmen werden die Ansprache und die Angebote immer detaillierter aufs Individuum zugeschnitten.

Identity Design
Identity Design ist ein zentrales Prinzip der Individualisierung. Persönliche Identitätsbildung findet abseits von vorgefertigten Biografien im Rahmen multigrafischer Lebensstile statt. Die eigene Identität lässt sich, wie der eigene Lebensstil, aus unendlich vielen Optionen und Bausteinen individuell und ständig neu „designen“. Diese Arbeit an einem besseren Ich wird zur Hauptaufgabe des modernen Individuums.

K, L

Kollaboration
Unter Kollaboration versteht man die oft technisch vermittelte Zusammenarbeit in Teams. Zielsetzung ist meist die Erzeugung neuer Ideen oder Problemlösungen, häufig ist die Zusammenarbeit intensiv, kreativ und zeitlich begrenzt. Durch Austausch entstehen neue Verbindungen oder Sichtweisen. Die digitale Kommunikation ist dabei ein starker Treiber.

Lebensqualität
Die Frage danach, wie hoch wir materielle Werte, wirtschaftliches Wachstum oder Konsumangebote schätzen, wird zur Grundlage von immer mehr individuellen und kollektiven Strategien, die auf höhere Lebensqualität setzen: besser mehr Zeit mit der Familie als mehr Gehalt, besser eine neue Grünfläche in der Stadt als noch ein Einkaufszentrum, lieber weniger und dafür besseres Fleisch auf dem Teller usw. Viele internationale Organisationen suchen derzeit nach validen Maßstäben für die Erfassung globaler, nationaler und individueller Lebensqualität.

LGBT+
Die weltweite LGBT+-Bewegung (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, andere) setzt sich für die Akzeptanz und mehr öffentliches Bewusstsein der Gender-Vielfalt ein. Sie ist Vorreiter in Sachen Offenheit und progressive Lebensweisen. Nicht nur weil sie neue Formen der Partnerschaft und alternative Familienmodelle vorlebt, sondern auch weil sie Normen, Traditionen und Rollenzuschreibungen hinterfragt, die nicht mehr zeitgemäß sind.

M, N

Multigrafie
Viele Jahrzehnte lang folgte die Biografie der meisten Menschen einer linearen Abfolge von Lebensphasen: Kindheit und Jugend, Berufstätigkeit, Familienleben und schließlich Ruhestand. Längst haben wir uns von dieser Normalbiografie verabschiedet. Heute werden Lebensläufe immer unberechenbarer, aus linearen Biografien werden vielseitige, parallel und sprungweise verlaufende Multigrafien.

Neo-Tribes
Menschen suchen und finden Resonanzbeziehungen innerhalb sozialer Gruppen, die an Stammesstrukturen erinnern. Diese Neo-Tribes zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Mitglieder sich frei für eine Zugehörigkeit entscheiden und sie häufig nur für bestimmte Lebensphasen oder Lebensbereiche relevant sind. Neo-Tribes sind Inseln der Gemeinschaft, die ähnlich wie der Hygge-Lebensstil Gefühle von Geborgenheit, Sicherheit und Vertrautheit vermitteln.

P, R

Post-Demografie
Angesichts steigender Individualisierung verlieren klassische soziodemografische Merkmale wie Geschlecht, Einkommen, Wohnort, Berufstätigkeit oder das Alter an Bedeutung zur Beschreibung gesellschaftlicher Gruppen. „Jugendlichkeit“ beispielsweise kann altersübergreifend ein Charakteristikum von Einstellungen und Verhaltensweisen sein. Statt sozialer Milieus bilden sich neue postdemografische Lebensstile heraus, deren gemeinsamer Nenner geteilte Werte, Überzeugungen, Konsummuster und Alltagspraktiken sind.

Resonanz
Aus den individualistischen Suchbewegungen der der Loslösung aus traditionellen Bindungen und des Autonomiestrebens werden früher oder später Fragen der Zugehörigkeit. Insofern führt der Megatrend Individualisierung zu einer neuen Stufe gesellschaftlicher Verfasstheit. Er schafft zunehmend die Grundlage für eine neue Gemeinschaftsform, die auf Wir-Kultur und Achtsamkeit basiert: die Resonanzgesellschaft.

S

Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit ist die grundlegende Überzeugung, als Individuum auf den Lauf der Dinge und die Welt Einfluss nehmen zu können. Erfahrungen der Selbstwirksamkeit sind ein natürliches Bedürfnis von Menschen, dessen Befriedigung immer häufiger (auch) im beruflichen Kontext gesucht wird. Unternehmen, die einen klaren Purpose anbieten, kommen diesem Bedürfnis entgegen und werden als attraktive Arbeitgeber angesehen.

Self Care
Das allgemeine Verständnis von Gesundheit erweitert sich immer mehr um den psychischen Aspekt. Self Care bedeutet, ein Gespür für den eigenen Körper und Geist zu entwickeln und die eigenen Bedürfnisse besser zu erkennen und zu erfüllen. Der Trend zu Self Care stellt einen achtsamen Umgang mit sich selbst in den Mittelpunkt und hat viele neue Kulturpraktiken wie Yoga, Meditation oder Urlaub im Schweigekloster etabliert.

Single-Gesellschaft
Die Single-Gesellschaft, lange Synonym für individuelle Isolation und Tristesse, emanzipiert sich zunehmend von ihrem Stigma. Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst dazu, als Single unabhängig und frei zu sein. Die Single-Gesellschaft äußert sich in der steigenden Anzahl von Einpersonenhaushalten. Viele davon werden allerdings von Menschen bewohnt, die durchaus in einer Partnerschaft leben, jedoch nicht das traditionelle Familienbild anstreben, sondern lieber alleine wohnen.

Social Cocooning
Social Cocooning beschreibt den Rückzug in die eigenen vier Wände. Es ist jedoch kein Zurückweichen in die Isolation, sondern setzt auf Gemeinschaft und Geselligkeit mit Freunden und Familie. Die Corona-Pandemie hat das Cocooning zur Norm gemacht und den eigenen vier Wänden einen immensen Bedeutungszuwachs gegeben. Social Cocooning verknüpft  das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Entspannung im eigenen überschaubaren Lebenskreis mit positiven Erlebnissen auf der Basis eines Miteinanders.

U, W

Ungendered Lifestyle
Das Individuum wird durch sein Geschlecht künftig viel weniger auf bestimmte Verhaltensweisen, Berufe oder Hobbys festgelegt. Das bedeutet nicht, dass es in Zukunft verpönt sein wird, als Mann Fußball zu mögen und sich als Frau die Nägel zu lackieren, sondern dass das Geschlecht in sämtlichen Lebensbereichen, sei es Ausbildung, Berufswahl, Kindererziehung, Freizeitaktivitäten oder Konsumpräferenzen, weniger entscheidend wird und hinter persönlichem Geschmack sowie individuellen Vorlieben und Talenten zurücktritt.

Wir-Kultur
Überall in der Gesellschaft tauchen neue Formen von Gemeinschaft, Kollaboration und Kooperation auf. Die technologische Vernetzung treibt die Entstehung einer Wir-Kultur entscheidend voran. Einerseits als Notwendigkeit, sich in einer hochkomplexen Welt neu und sinnvoll zu organisieren. Andererseits aus einem steigenden gemeinsamen Verantwortungsgefühl für die soziale und ökologische Zukunft. Zugleich wächst angesichts zunehmender Individualisierung die Bedeutung selbstgewählter Gruppenzugehörigkeiten für die eigene Identität. Die Wir-Kultur läutet die beginnende Ära der Co-Individualisierung ein.