Die Second-Sale-Kultur gründet auf dem Verständnis, Produkte möglichst lang im Handelskreislauf zu halten. Denn Kaufen und Besitzen ist nicht alles. Teilen, Nutzen und Wieder-in-den-Verkehr-bringen sind Spielarten eines neuen Konsumierens, das stark von den Gesetzen des Online-Handels und den Gewohnheiten der Internetnutzung beeinflusst wird. Der Online-Marktplatz eBay hat Second Hand wieder salonfähig gemacht.
Inzwischen vermengen sich die Wiederverkaufspraktiken der eBay-Generation mit dem öko-sozialen Bewusstsein vieler Konsumenten, nicht vollends in der Wegwerfgesellschaft aufgehen zu wollen. Denn bisher war der Handel als lineare Produktions-Verkaufs-Kette angelegt, die mit dem „Müll“ nichts mehr zu tun hatte, der entsteht, wenn Produkte ausgedient haben. Der Megatrend Neo-Ökologie macht aber auch vor dem Retail nicht Halt. Neue Neue Konzepte müssen entwickelt werden, um aus der Handelskette einen Handelskreislauf zu formen Konzepte und Geschäftsmodelle müssen entwickelt werden, um aus der Handelskette einen Handelskreislauf zu formen. Produkte kehren an ihren Verkaufsort zurück, werden aufgewertet, getauscht oder weiterverkauft.
Der sozio-ökonomische Trend zur Second-Sale-Kultur zeigt sich besonders im steigenden Interesse an Second-Hand-Artikeln und Gebrauchtwaren. Der Umsatz im Gebrauchtwaren- und Antiquitätenhandel lag laut Statistischem Bundesamt 2010 bei 839 Millionen Euro allein in Deutschland. Der Verein „Second Hand vernetzt“ meldet für 2011 einen Umsatzanstieg von 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Als Gründe für den Kauf von Second-Hand-Artikeln nannten 1999 noch knapp 80 Prozent aller Kunden den Preis, nur 3,2 Prozent erwähnten ökologische Aspekte, das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Verbunds für Ökologie und soziales Wirtschaften „netz NRW“. Während die öko-soziale Bedeutung bei der Kaufentscheidung immens anstieg – 2010 war das für 25 Prozent der Befragten ausschlaggebend –, sank das Preisbewusstsein um zehn Prozentpunkte, wie die Studie „Wiederverkaufskultur im Internet“ des Borderstep Instituts zeigt.
Doch nicht nur in Deutschland lässt sich der Trend zur Second-Sale-Kultur beobachten. Laut der aktuellen Studie „Valuing Our Clothes“ des gemeinnützigen britischen „Waste & Resources Action Programme“ kaufen oder erhalten zwei von drei Konsumenten Second-Hand-Kleidung. Die Bereitschaft, noch mehr gebrauchte Kleidung zu tragen, ist bei 23 Prozent der Befragten vorhanden. Besonders bemerkenswert ist, dass ein Viertel der 16- bis 24-jährigen Frauen gern die Möglichkeit wahrnehmen, Designer-Klamotten zu leihen statt zu kaufen, um etwas zu tragen, was sie sich sonst nicht leisten könnten. Die Association of Resale Professionals (NARTS) in den USA bezeichnet die Resale-Industrie sogar als eines der am schnellsten wachsenden Handelssegmente. In den letzten zwei Jahren konnte der Wiederverkaufssektor um jeweils sieben Prozent zulegen. Zu Recht stellt der Verband die Frage: „Resale oder Retail? Können Sie mir den Unterschied sagen? Wahrscheinlich nicht!“
Innovative Spielarten des Gebrauchtwarenhandels sind an vielen Stellen schon sichtbar und werden sich in Zukunft weiter in den Mainstream ausbreiten. Die Second-Sale-Kultur ist eine Konsumbewegung, die traditionelle Retailer vor große Herausforderungen stellt und ein radikales Umdenken einfordert. Sie birgt aber auch enorme neuartige Chancen sowohl für den stationären Handel als auch für den E-Commerce.