Innovationen, die das Fahrradfahren attraktiver und sicherer machen, werden in den kommenden Jahren einen Markt anfeuern, der einen anhaltenden Boom erlebt. 70 Millionen Räder gibt es allein in Deutschland, über 4 Millionen davon wurden hier 2011 verkauft – im Wert von 2 Milliarden Euro. 15 Prozent aller Wege werden hierzulande bereits radelnd zurückgelegt. Zum Vergleich: In den führenden Radnationen Dänemark und den Niederlanden sind es mit 18 Prozent nur wenig mehr.
Noch Für viele bekommt das Rad die emotionale Bedeutung, die man einst Autos entgegenbrachte nie gab es so viele Fahrradtypen wie heute. Um individuellen Nutzungsansprüchen gerecht zu werden, kann man nicht nur zwischen buntem Single-Speed für den urbanen Hipster, dem Retro-Armee-Rad oder modernen E-Bikes wählen. Die immer stärker ausdifferenzierte Angebotspalette bietet jedem seine Szenezugehörigkeit. Wenig Wunder, dass auch der Absatz von Textilien, Ersatzteilen und Werkstattleistungen konstant wächst: 2 Milliarden Euro wurden damit 2011 umgesetzt.
Das Fahrrad lässt dabei das Image des reinen Transportmittels immer mehr hinter sich und wird zum geliebten Stilgegenstand. Für viele bekommt es die emotionale Bedeutung, die man einst Autos entgegenbrachte: Es wird gehegt, gepflegt und den persönlichen Vorstellungen angepasst. Der Wunsch nach Stil und Individualisierung lässt einen enormen Markt für Extra-Features und Fahrrad-Fashion entstehen, mit viel Raum für innovative Ideen.
Fashion-Blogs sind beliebte Plattformen für alle, die am Puls der Zeit bleiben wollen. Klar somit, dass bloggende Zweiradfetischisten auch das Rad zum Lifestyle-Objekt erheben. Die globale Gemeinschaft lässt sich weltweit inspirieren und setzt lokale Trends. Auf Webseiten und Blogs wie beispielsweise www.cycleexif.com, www.copenhagencyclechic.com und www.biketype.com werden die schönsten und ungewöhnlichsten Räder präsentiert – und natürlich alles rund um den Rad-Lifestyle mit Ideen, Machern und Gadgets.
Dass auch Fahrradbekleidung nicht immer quietschbunt und nur praktisch sein muss, beweist der Hersteller Rapha. Mit der Linie „Stilvoll durch die Stadt“ entwickelt die Marke ästhetische und hochwertige Fahrradbekleidung, der man nicht ansieht, dass sie schmutz- und wasserabweisend ist.
In den USA sorgt das Startup Revolights für ein Science-Fiction-Erlebnis, dessen faszinierende Radbeleuchtung geradewegs aus dem Film Tron entsprungen zu sein scheint. LEDs an der Felge verbessern die seitliche Wahrnehmbarkeit des Radfahrers und vergrößern sein Beleuchtungsfeld.
Das Faradaybike kombiniert Retro-Look, Cruising-Kultur und E-Mobility. Das Design-Objekt hat auf Kickstarter auch gleich mehr Anhänger gefunden als erwartet und wird Anfang 2013 erhältlich sein. Die Presse spart schon jetzt nicht mit Lob. Bill Strickland, Opinion-Leader des Bicycle Magazine, bezeichnete das Faradaybike als das schönste Elektrofahrrad, das er je gesehen habe – es werde ein Wegbereiter für alle E-Bikes weltweit sein.
Im Radsport wird für jede Sekunde, die der Profisportler schneller ist, eine ganze Entwicklungsabteilung ein Jahr lang beschäftigt. Materialspezialisten machen die Räder leichter, stabiler und schnittiger. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen dann auch in den Markt der „normalen“ Radfahrer mit ein. Doch parallel zum Trend der Hightech-Fahrräder wächst die Sehnsucht nach einfachen Lösungen und Material, das weniger anfällig, ressourcenschonender und günstiger ist.
Den Tüftler Izhar Gafni inspirierte die Nachricht von einem Kanu aus Pappe. Nun hat der Fahrradliebhaber ein voll funktionierendes, wasserresistentes Fahrrad komplett aus recyceltem Karton gebaut. Was sich instabil anhört, kann 220 Kilogramm transportieren. Eine Art Origami-Technik macht das Material extrem widerstandsfähig, dank Lackbeschichtung kann auch Regen dem Rad nichts anhaben. Verkauft werden soll das Papp-Rad für 60 bis 90 Dollar, je nachdem ob der Käufer noch einen Elektromotor integrieren möchte.
Ein Fahrrad aus Bambus schont die Ressourcen und ist besser zu recyceln. Der Rohstoff ist leicht anzubauen und einfach in der Verarbeitung. Bamboosero war einer der ersten Fahrradbauer, der günstige Bambusräder markttauglich machte. Bambusräder bieten neben dem Fahrspaß auch einen sozialen Aspekt. In den Bamboo Bike Studios, die es unter anderem in San Francisco und Toronto gibt, lernen ganze Schulklassen, ein Bambus-Fahrrad selbst zu bauen.
Der Siegeszug des Elektromotors kam für viele Radliebhaber eher überraschend. Zu Beginn wurde müde über den Hilfsantrieb gelächelt. Zu faul zum Strampeln, oder was? Doch der wachsende Absatz verdeutlicht: Das E-Bike findet zunehmend Anhänger. Nachdem zunächst Städte ohne nennenswerte Hügel-Topographie zu Radfahrerstädten avancierten – Kopenhagen, Amsterdam, Münster – erweitern E-Bikes nun den urbanen Casual-Biking-Radius in Gegenden mit steileren Steigungen. Gerade auch in infrastrukturell schwachen Regionen übernimmt das E-Bike eine wichtige Funktion. Es ermöglicht, längere Strecken zu überwinden, unabhängig von einer spärlichen Infrastruktur des ÖPNV.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern initiierte mit der Hochschule Wismar das Forschungsprojekt „inmod“. Im Juli 2012 hat der Betrieb auf den ÖPNV-Strecken begonnen. Es kommen im ganzen Land 370 Elektrofahrräder zum Einsatz, die in speziellen Boxen in den Wohngebieten bereitstehen. Mit den Rädern sollen die Bewohner leichter zu den Haltestellen kommen. Denn die Buslinien konzentrieren sich nur noch auf Hauptstrecken, und diese verfügen nur über wenige Haltestellen. Mit dem Modellversuch soll der ÖPNV in ländlichen Regionen wieder attraktiv und gleichzeitig finanzierbar gemacht werden.
Eine wachsende Gruppe der E-Bike- Radler sind die „jungen“ Alten. Die Generation der Silver Surfer ist aktiver als jemals zuvor. Für sie ist das Fahrrad mit Elektromotor eine ideale Kombination aus Sport und individueller Mobilität. Das E-Bike bringt die unterschiedlichen Generationen wieder zusammen – unabhängig von Konstitution kann nun wieder gemeinsam geradelt werden.
Aber auch die Geschäftswelt entdeckt die Vorteile des ressourcenschonenden und bequemen Fortbewegungsmittels. Denn es erweist sich als überaus praktisch im urbanen Raum. Der Weg ins Büro dauert mit dem Auto innerhalb der Stadt länger – und die Parkplatzsuche verlangt Geduld. Mit dem E-Bike werden auch längere Distanzen machbar. Ganz ohne Schwitzen.
Fahrräder in öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren kann kompliziert werden. Erst recht mit schweren E-Bikes. Nun kombinieren zwei US-Startups das Faltrad mit der Power eines E-Bikes. Brooklyness entwickelte das erste kompakte Elektro-Klapprad. Wem eher die runden Formen zusagen, der wird ab 2013 das Folding Electric Assist Bicycle der Conscious Commuter Corporation lieben. Ob kantig oder rund: Die Kombination aus leichtem, handlichem Faltrad und E-Bike wird den Weg von A nach B revolutionieren. Es ist die ideale Lösung für „die letzte Meile“ zwischen Bahn und Büro.
Für Unternehmen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, bietet das junge Startup Leaserad ein ideales Angebot. Hier kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ein E-Bike leasen, mit demselben umfangreichen Service, den man vom Leasingwagen kennt. Verschiedene Modelle werden ebenso geboten wie ein Austauschfahrrad, wenn eine Reparatur ansteht. Das senkt nicht nur die Kosten für Unternehmen, sondern schont auch die Umwelt und fördert das gesundheitliche Wohlbefinden des Arbeitnehmers. Neben Unternehmen können auch Regionen, Kliniken, Tourismusunternehmen wie Hotels ganze Fahrradflotten leasen. Service und CSR gehen bei diesem Geschäftsmodell Hand in Hand.
In den kommenden Jahren wird sich eine Vielzahl paralleler Mobilitätskonzepte für die „kurzen“ Strecken etablieren. Die neue Liebe zum Fahrrad ist hier treibende und bestimmende Kraft. Unternehmen, die diesen Rad-Lifestyle fördern, werden in Zukunft gerade bei jungen, kreativen Arbeitnehmern punkten. Dazu gehört, neben Firmenrädern, auch ein radfreundlicher Arbeitsplatz. Denn niemand stellt gerne sein geliebtes Zweirad am Straßenrand ab. Und auch Städte werden umdenken. Konsequent, dass Kopenhagen von der EU zur „Green Capital 2014“ ernannt wurde. Kopenhagen bietet nicht nur genügend Parkraum und Servicestationen für Fahrräder, sondern auch neue, grüne „Fahrradautobahnen“, die die einzelnen Stadtteile miteinander verbinden, ohne dass es zum üblichen Konflikt zwischen Rad- und Autofahrer kommt. Cycle-Chic bietet enormen Spielraum für Dienstleistungen und Innovationen, die das Radfahren besser und schöner machen.
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