Im digitalen Zeitalter hat sich unser Einkaufsverhalten stark verändert. Während Supermärkte und Discounter weiterhin dominieren, erleben alternative Einkaufsmöglichkeiten eine Renaissance. Diese bieten nicht nur eine Antwort auf die steigende Nachfrage nach Nachhaltigkeit und Gesundheit, sondern auch eine willkommene Abwechslung vom herkömmlichen Einkaufserlebnis. Der Food Report 2025 des Zukunftsinstituts beleuchtet diese Entwicklung und zeigt, wie vielfältige und innovative Ansätze den Weg zu einem nachhaltigeren und gesünderen Konsum ebnen können.
Die Kritik am traditionellen Supermarkt
Supermärkte und Discounter sind seit den 1970er-Jahren zentrale Einkaufsorte. Heutzutage werden 70 bis 80 Prozent der Lebensmitteleinkäufe in diesen Geschäften getätigt. Doch sie stehen häufig in der Kritik. Landwirte fühlen sich oft durch die Marktmacht der Handelskonzerne erpresst und kämpfen trotz Wachstum um ihr Überleben. Verbraucher kritisieren die mangelnde Transparenz bei der Kennzeichnung und die ungesunde Lebensmittelvielfalt, die durch strategisches Category-Management gefördert wird. Umweltschützer bemängeln den Flächenverbrauch durch Supermarktstandorte und die damit verbundene Bodenversiegelung.
Supermärkte sind Orte, die der Illusion gewidmet sind. Historiker Philipp Blom beschreibt sie als Orte, an denen wir glückliche Hühner, lila Kühe und identisches Gemüse sehen, während die Realität oft eine andere ist. Sie präsentieren eine heile Welt, die den Blick auf die tatsächlichen Produktionsbedingungen der Lebensmittel verschleiert.
Neue Wege des Einkaufs
Alternative Einkaufsmöglichkeiten bieten Lösungen für diese Probleme. Sie reichen von digitalen Vermarktungsplattformen und Biokisten über Verkaufsautomaten und Container-Shops bis hin zu Bauernmärkten und Markthallen. Diese neuen Warenumschlagsplätze bieten mehr als nur Konsum – sie verwandeln den Einkauf in ein sinnliches Erlebnis und tragen zur Lösung komplexer gesellschaftlicher Aufgaben bei.
- Wochen- und Bauernmärkte
Wochen- und Bauernmärkte erleben momentan eine Renaissance. Diese Märkte ermöglichen den Menschen authentische Begegnungen und bieten ihnen frische, regionale Produkte. Sie fördern nicht nur die lokale Landwirtschaft, sondern auch den sozialen Austausch und die kulturelle Vielfalt in den Städten. Ein aktuelles Beispiel ist die steigende Besucherfrequenz auf den Märkten in Wien, die zeigt, dass immer mehr Menschen diese Einkaufsmöglichkeiten nutzen. Die Besucher schätzen die einzigartige Atmosphäre, die das Einkaufen zu einem Erlebnis macht, das die Sinne anspricht und die Bedürfnisse der Konsumenten erfüllt. Die Nähe zu den Produzenten ermöglicht es den Verbrauchern, mehr über die Herkunft und Qualität ihrer Lebensmittel zu erfahren. Das fördert eine bewusste und nachhaltige Konsumkultur, die den persönlichen Kontakt und den direkten Austausch zwischen Produzenten und Konsumenten in den Vordergrund stellt.
- Ab-Hof-Verkauf und Direktvermarktung
Die Direktvermarktung ermöglicht es Verbrauchern, die Herkunft ihrer Lebensmittel genau nachzuvollziehen und schafft eine stärkere Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten. Für Landwirte bedeutet dies höhere Erträge und eine größere Transparenz in der Lebensmittelkette, was wiederum nachhaltige Praktiken unterstützt. Besonders im Bio-Sektor setzen immer mehr Landwirte und Gärtner auf Direktvermarktung und nutzen dabei moderne Technologien und kooperative Modelle. Der Ab-Hof-Verkauf, bei dem Verbraucher die Produkte direkt beim Erzeuger kaufen, bietet maximale Transparenz und Vertrauen. Landwirten erzielen faire Preise für ihre Produkte und können gleichzeitig die Qualität und Frische der Lebensmittel gewährleisten. Diese Form des Verkaufs fördert ebenfalls die Biodiversität, da oft alte und seltene Sorten angeboten werden, die im Supermarkt nicht erhältlich sind. Der Ab-Hof-Verkauf ist somit ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung einer vielfältigen und nachhaltigen Landwirtschaft.
- Digitale Plattformen und Verkaufsboxen
Die Digitalisierung hat auch im Lebensmittelhandel Einzug gehalten. Diverse Online-Plattformen ermöglichen den Einkauf regionaler Produkte direkt vom Bauernhof. Verkaufsboxen bieten rund um die Uhr Zugang zu frischen Lebensmitteln und minimieren die Notwendigkeit langer Transportwege. Diese innovativen Konzepte kombinieren Technologie und Nachhaltigkeit, um den Zugang zu regionalen Produkten zu erleichtern und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Markta ist ein hervorragendes Beispiel für einen solchen digitalen Bauernmarkt. Die Plattform wurde 2018 gegründet und liefert regionale Produkte aus nachhaltiger Erzeugung direkt an die Haustür der Konsument:innen. Seit 2023 gibt es ebenfalls einen stationären Superbauernmarkt in Wien, der als Pilotprojekt für weitere Filialen dient.
- Genossenschaftliche Modelle
Gemeinschaftliche Strukturen für einen fairen Handel und ökologische Ernährung – dies schaffen Genossenschaftliche Modelle. Die Verbrauchergemeinschaft Dresden beispielsweise ermöglicht ihren Mitgliedern den Einkauf zu vergünstigten Preisen in mehreren Bio-Märkten und Bistros. Die Verbrauchergemeinschaft Dresden ist ein beeindruckendes Beispiel für eine erfolgreiche Genossenschaft. Mit über 10.000 Mitgliedern bietet sie Zugang zu vergünstigten Preisen in sieben Bio-Märkten, einem Naturwarenladen, vier Bio-Bistros und einem Bio-Lieferdienst. Der Fokus liegt auf ökologischer Ernährung und Regionalität, wobei die Produkte der über 130 regionalen Zulieferer mit einem eigenen Logo gekennzeichnet sind. Ähnliche Modelle wie der Mitmach-Supermarkt Mila in Wien fördern die Partizipation der Konsumenten und bieten biologische, regionale und saisonale Produkte zu fairen Preisen.
- Smarte Lösungen
Innovative Konzepte wie die Marktbox und der digitale Hofladen Paradeisa verbinden moderne Technologie mit Nachhaltigkeit, um den Zugang zu regionalen Produkten zu revolutionieren und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Paradeisa bringt den Zauber saisonaler Lebensmittel direkt von lokalen Kleinbetrieben zu Abholmärkten rund um Wien, wodurch die Transportwege verkürzt und Lebensmittelverschwendung deutlich reduziert werden. Die Marktbox, ein genialer Verkaufsautomat aus Kiel, ermöglicht es Landwirten, Hobbykünstlern, Winzern und Bäckern, ihre liebevoll hergestellten Produkte rund um die Uhr anzubieten. Besonders in ländlichen Gegenden, wo der Zugang zu frischen, regionalen Produkten oft eine Herausforderung darstellt, ist diese Lösung ein wahrer Segen. Durch den Einsatz von Technologien wie dem Internet of Things (IoT) werden diese Automaten zu smarten und flexiblen Verkaufsinstrumenten, die nicht nur praktisch, sondern auch umweltfreundlich sind. Diese innovativen Ansätze zeigen, wie Technologie und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können, um unsere Lebensqualität zu verbessern und gleichzeitig unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Sie ermöglichen es uns, regionale Produkte einfacher zu genießen und gleichzeitig einen Beitrag zur Erhaltung unserer Umwelt zu leisten.
- Solidarische Landwirtschaft
Ein weiteres bemerkenswertes Modell ist die solidarische Landwirtschaft, wie sie von Hansalim in Korea praktiziert wird. Diese Genossenschaft, die 1986 in einem kleinen Reisladen in Seoul begann, ist heute die weltweit größte Vereinigung für solidarische Landwirtschaft. Sie zählt 2.300 landwirtschaftliche Betriebe und 800.000 Konsumenten zu ihren Mitgliedern. Ziel ist eine ökologische Landwirtschaft, die pestizidfrei und ohne chemische Düngemittel arbeitet. Das Konzept soll die Solidarität zwischen Produzenten und Verbrauchern fördern und nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken unterstützen.
- Regional einkaufen im Container
Direktvermarktung trifft Selbstbedienungsladen: In Design-Containern können Konsumenten regionale Erzeugnisse aus handwerklicher Produktion kaufen. Diese Dorfladenboxen, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgestellt sind, sind rund um die Uhr per Smartphone-App zugänglich und bieten eine bargeldlose Einkaufsmöglichkeit. Ziel ist es, die kleinstrukturierte Landwirtschaft zu fördern und die Zukunft ländlicher Gegenden mitzugestalten.
- Next-Day-Frischeversand
Gaumenfest liefert Fleisch, Fisch, Geflügel, Milchprodukte, Eier, Obst, Gemüse, Öle und vieles mehr von über 30 Kärntner Landwirten direkt an die Haustür der Verbraucher:innen. Der gekühlte Versand sorgt dafür, dass die Produkte frisch und in optimaler Qualität beim Kunden ankommen. Dieses Modell zeigt ebenfalls, wie regionale Produkte bequem und nachhaltig direkt zum Verbraucher gelangen können.
- Crowdfarming
Ein weiteres innovatives Modell ist Crowdfarming, bei dem Verbraucher auf der Plattform nicht nur direkt bei landwirtschaftlichen Betrieben bestellen, sondern auch aktiv Lebensmittelverschwendung verhindern können, indem sie Bäume oder Flächen adoptieren. Dieses Konzept bietet Landwirten finanzielle Sicherheit und den Verbrauchern die Möglichkeit, einen direkten Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft zu leisten.
- Historische und kulturelle Märkte
Einige Märkte haben sich zu kulturellen und historischen Wahrzeichen entwickelt, wie die La Boqueria in Barcelona und die Kleinmarkthalle in Frankfurt. Diese Märkte bieten nicht nur frische Lebensmittel, sondern auch ein einzigartiges Einkaufserlebnis, das Touristen und Einheimische gleichermaßen anzieht. Solche Märkte tragen zur Erhaltung der kulinarischen Traditionen und zur Förderung der lokalen Wirtschaft bei.
Fazit
Die Entwicklung alternativer Einkaufsmöglichkeiten zeigt, dass Konsumenten zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Gesundheit legen. Diese neuen Ansätze bieten nicht nur frische und gesunde Lebensmittel, sondern fördern auch die lokale Wirtschaft und tragen zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit bei. Der Food Report 2025 des Zukunftsinstituts bietet eine umfassende Analyse und inspirierende Beispiele für diese positiven Veränderungen im Einzelhandel.