Der Siegeszug der Sinnfluencer
Ein glamouröser Lifestyle, inszenierte Urlaubsfotos und ein ausgeprägter Fokus auf Mode, Schönheit und Jugendlichkeit – das ist die „gephotoshopte“ Social-Media-Welt, wie sie sich Millionen von Nutzern auf ihren Smartphones und Tablets darstellt. Für viele, insbesondere die jungen Menschen der Generation Z, passt das jedoch nicht mehr zu unserer Zeit, in der alternative Mobilitätslösungen, bewussteres, plastikfreies Einkaufen und „Fridays for Future“-Demos zum Alltag gehören. Auch immer mehr YouTube- und Instagram-Stars empfinden ihre Branche als zu oberflächlich und nutzen ihre Reichweite inzwischen vermehrt, um sinnstiftende Themen anzusprechen.
Vom Influencer zum Sinnfluencer
Der YouTuber Rezo ist sicherlich eines der prominentesten und meistdiskutierten Beispiele dieser neuen Entwicklung zur Sinnhaftigkeit. Aber er steht mit seinem Bedürfnis, Follower durch eigenes Engagement für nachhaltige oder politische Initiativen zu motivieren und aktiv an einer besseren Zukunft mitzuarbeiten, nicht allein. Auch viele Instagrammer setzen auf gesellschaftsrelevante Themen wie Achtsamkeit, Umweltbewusstsein, faire Kleidung oder ökologisch korrekte Ernährung.
Oder sie zeigen Strategien zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung auf – mit Erfolg: Zehntausende Posts findet man zu den Hashtags #foodsaver, #stopfoodwaste und #zerowastekitchen auf der Plattform. Die zumeist jungen Follower sind begeistert und bilden rund um ihre Influencer-Vorbilder nachhaltige Communities, die diese Themen aufgreifen.
Konsum und Nachhaltigkeit – ein Widerspruch?
Wie konsumkritisch können Influencer aber überhaupt sein, wenn sie zugleich durch Kooperationen mit Marken ihren Lebensunterhalt verdienen? Reicht es schon aus, in einem gesunden bzw. nachhaltigen Kontext zu leben, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen? Und bedeutet Sinnfluencer zu sein nicht auch, die Zusammenarbeit mit anders agierenden Marken zu beenden?
„Die Generation Z ist Marken gegenüber sehr treu – insbesondere wenn diese mit den eigenen Idealen übereinstimmen.“Sinnfluencer bewegen sich stetig in diesen Spannungsfeldern und suchen die richtige Balance zwischen Nachhaltigkeit und Konsum. Und tatsächlich lässt sich der zunehmende Wunsch nach mehr Sinnhaftigkeit nicht immer mit den Erwartungen ihrer Follower und Kooperationsunternehmen verbinden. So ist YouTuber Rezo beispielsweise nach seinem millionenfach geklickten Video „Die Zerstörung der CDU“ ein nicht genannter Sponsor abgesprungen.
Für Sinnfluencer ist es künftig mehr denn je von Bedeutung, ihr Mindset klar und deutlich darzustellen und glaubwürdig hinter den Themen zu stehen, die sie über ihre Kanäle vermarkten. Nur dann überzeugen sie alte Follower, gewinnen neue hinzu – und sind auch für Marken in diesem Bereich interessant.
Sinnhaftigkeit als Markenbotschaft
Die Entwicklung zu mehr Sinnhaftigkeit im Social-Media-Kosmos stellt auch Unternehmen und Marken vor die Frage, wie relevant das Thema Nachhaltigkeit bei den jüngeren und zukünftigen Zielgruppen tatsächlich ist. Laut Facebook Report 2019 kaufen insbesondere Millennials inzwischen bewusster ein, achten auf die Herstellung von Produkten und interagieren lieber mit Marken, die ihre Werte widerspiegeln – etwa indem sie ihre Produkte und Produktverpackungen umweltfreundlicher machen.
Diese jungen Menschen sind die Konsumenten der Zukunft und werden den Markt maßgeblich beeinflussen. Die Generation Z ist Marken gegenüber sehr treu – insbesondere wenn diese mit den eigenen Idealen übereinstimmen.
Unternehmen, die selbst auf nachhaltige Produkte und Entwicklungen setzen, können mit dem richtigen Einsatz von Sinnfluencern die Nachhaltigkeitskommunikation ihrer Marken erfolgreich im Umfeld junger, umweltbewusster Zielgruppen platzieren. Bei der Auswahl eines Sinnfluencers dürfen sie jedoch nicht nur dessen Reichweite quantitativ und qualitativ bewerten, sondern müssen den Content über alle Plattformen hinweg im Blick haben. Denn im Sinne einer konsequenten Nachhaltigkeitskommunikation ist es entscheidend, nur auf wirklich glaubwürdige Influencer zu setzen.
Natürlich muss auch die Marke selbst authentisch agieren und ihre Haltung glaubwürdig präsentieren. Daher gilt es im Vorfeld jeder Kooperation sicherzustellen, dass Werte, Philosophie und Haltung deckungsgleich sind und sich weder Influencer noch das Unternehmen durch das Engagement angreifbar machen. Nur dann wird Influencer Marketing im Kontext der aktuellen Nachhaltigkeits- und Sinnhaftigkeits-Debatte für beide Parteien zum Erfolg.
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